Zwei Familien in Kaarst und Rommerskirchen betroffen Kaarsterin stirbt an Pilzvergiftung
Rhein-Kreis. · Zwei Familien aus Kaarst und Rommerskirchen wurden in Krankenhäusern behandelt, nachdem sie den giftigen Knollenblätterpilz gegessen haben.
Was als leckeres Essen mit frisch gepflückten Champignons geplant war, endete für zwei Familien am Donnerstag in einer Tragödie: Sie hatten den schmackhaften und beliebten Pilz mit dem hochgiftigen Knollenblätterpilz verwechselt. Sieben Menschen erkrankten so schwer, dass sie in Lebensgefahr gerieten und ins Krankenhaus mussten, eine Vierjährige wurde aus Sicherheitsgründen zur Beobachtung ebenso eingeliefert. Für eine 28 Jahre alte Frau kam jede Hilfe zu spät. Sie war in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag ins Krankenhaus eingeliefert worden, wo sie wenig später starb.
Während Ärzte um das Leben der jungen Kaarsterin kämpften, wurden auch deren Eltern ins Krankenhaus eingeliefert. Sie sind offenbar nicht mehr in Lebensgefahr. Nahezu zur gleichen Zeit spielten sich auch im Süden des Rhein-Kreises ähnliche Szenen ab: In Rommerskirchen war eine Familie betroffen, auch sie hatte vom giftigen Knollenblätterpilz gegessen. Am frühen Donnerstagabend wurden drei Erwachsene ins Krankenhaus gebracht. Später auch ein zwölf Jahre alter Junge und vorsorglich auch dessen vier Jahre alte Schwester. Die Familienmitglieder schweben ebenso offenbar nicht mehr in Lebensgefahr.
Die Stadt Kaarst warnt – ebenso wie der Kreis – davor, am Wegesrand gefundene Pilze zu essen. „Zumindest nicht ohne die Expertise eines Pilz-Experten“, erklärt Stadtsprecher Peter Böttner. Das Tückische an der Vergiftung mit einem Knollenblätterpilz ist zum Beispiel, dass er nicht unangenehm schmeckt und sich erste Symptome wie Durchfall und Erbrechen erst nach mehreren Stunden zeigen. Im weiteren Verlauf der Vergiftung scheint es Betroffenen erst besser zu gehen. Bereits nach einem Tag kann es aber zu einer Schädigung der Leber kommen. Das erklärt Pilz-Experte Karl-Heinz Schmitz aus Erkrath, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Mykologie: „Es gibt eine Handvoll Pilzsorten, die organgiftig sind. Dazu gehören der weiße und grüne Knollenblätterpilz. Beide sind tödlich giftig und zerstören die Leber.“
Seinen Angaben zufolge gibt es bundesweit pro Jahr sechs, sieben Vergiftungsfälle, die tödlich enden. Als beliebt gilt das Pilzesammeln bei osteuropäischen Familien. Die beiden betroffenen Familien sind russischstämmig. Besonders schwierig sei zudem das Jahr 2015 gewesen. „Viele Flüchtlinge waren sich der Gefahr nicht bewusst und es wurden in vielen verschiedenen Sprachen entsprechende Warnhinweise in Flüchtlingsunterkünften verteilt.“
Nach dem trockenen Sommer sprießen jetzt die Pilze
Laut Pilzexperte Schmitz war dieser Oktober ideal für den Wuchs dieses Pilzes. „Nach dem Dürresommer wurde der Pilzwuchs jetzt komprimiert nachgeholt.“ Weil es viel Wasser gab, gebe es den Knollenblätterpilz „in großen Mengen“. Ihn zu beseitigen, davon rät Schmitz ab: Zum einen habe der Pilz eine wichtige Funktion im Ökosystem und stehe in einer „Symbiose mit Bäumen“. Zum anderen könne es keine „Pilz-Polizei geben, die täglich alle Grünstreifen kontrolliert. Das müssten auch alles Pilzexperten sein“. Das einzig probate Mittel laut Schmitz: Hände weg von Pilzen in Wäldern und Parks. „Oder ausheben und einen Pilz-Sachverständigen
fragen.“
Der Rhein-Kreis hatte – in Kenntnis der beiden Fälle – am Donnerstagabend nur eine allgemein gehaltene Warnung als Pressmitteilung herausgegeben. Von den Betroffenen und dem Todesfall war keine Rede, sondern nur: „Bei Verdacht auf eine Pilzvergiftung sollen sich Betroffene umgehend an das nächste Krankenhaus wenden und möglichst Reste der Pilze mitbringen.“