Gericht in den Niederlanden 20 Jahre Gefängnis für den Leeuwarden-Mord
Leeuwarden/Dormagen. · Dormagenerin (35) hat laut Gericht 2017 ihren Ehemann in den Niederlanden ermordet.
Für Prozessbeobachter war es das erwartete Urteil, das Richter Kees Post am Donnerstag sprach: Danach muss die 35-jährige, aus Dormagen stammende Jessica A. (Name geändert) für 20 Jahre hinter Gitter. Sie hat, so das Gericht, im Juli 2017 ihren Ehemann Tjeerd V. auf einer Wiese erschlagen. Das Gericht folgte dem geforderten Strafmaß des Staatsanwaltes. A. nahm das Urteil ohne sichtbare Regung entgegen. Sie hatte bis zuletzt beteuert, die Tat nicht begangen zu haben. Es wird erwartet, dass ihr Verteidiger in Berufung geht.
Richter Post hatte die relevanten Beweise aufgelistet, die gegen A. sprechen. Demnach ist es klar, dass sie an jenem Juli-Abend ihren Mann nach dessen Besuch eines Festivals auf eine Wiese östlich von Leeuwarden gelockt hatte. Die Google-Timeline beider Handys zeigte, dass A. und ihr Mann zum Zeitpunkt, als sie ihn abholen wollte, nahe beieinander waren. Eine Zeugin hatte zwei Verdächtige mit Kapuzen über dem Kopf gesehen. Sie sah die beiden auf die Wiese gehen. „Sie hat gesehen, wie die Angeklagte und Tjeerd die Wiese betraten“, so der Richter. Dort hatten sie offenbar erst Sex, ehe Tjeerd brutal erschlagen wurde. Es sei „nicht glaubhaft“, dass A. ihren Mann nicht angerufen hat, wenn sie ihn am vereinbarten Ort nicht hat finden können, wie sie behauptet.
Laut Richter ist Mord nachgewiesen. Es könne nicht anders sein, dass A. mit ihrem Mann V. die Wiese betreten hat, auf der er getötet wurde. Die Ermittlungsakten geben Hinweise darauf, dass andere beteiligt gewesen sind. „Sie hat ihn mit Absicht getötet“, sagte Post. Neben der Haftstraße muss die Dormagenerin eine Entschädigung leisten. Der Schaden für die Familie des Opfers „lässt sich kaum in Geld umsetzen“, so Post. Eltern und Schwestern erhalten je 20 000 Euro.
Beim Motiv geht es um die gescheiterte Ehe, die offenbar auch in Gewaltszenen mündete. Aber es gab laut Richter auch ein finanzielles Interesse der Angeklagten am Tod von V. Dieser hatte eine Lebensversicherung über 600 000 Euro abgeschlossen, ein Betrag, der bei seinem Tod an die Witwe gehen würde.
Trotz des Urteils bleiben Fragen offen: Wo ist die Tatwaffe? Wer war noch an der Tat beteiligt? Dass A. mindestens einen Helfer hatte, davon sind die Ermittler überzeugt. Nur ist es ihnen nicht gelungen, dem verdächtigten Onkel aus Wilhelmshaven oder der Mutter aus Dormagen etwas Stichhaltiges nachweisen zu können. Zwischenzeitlich unter Verdacht war auch der Ex-Freund der Witwe, mit dem sie zuletzt wieder ein Verhältnis eingegangen sein soll.
Für Ermittler und Staatsanwalt ist es krimireifer Stoff, mit dem sie seit zwei Jahren zu tun haben. Offenbar hatte A. zunächst versucht, V. zu vergiften. Es gibt dafür Anhaltspunkte durch Aussagen des Opfers gegenüber Dritten sowie Suchwörter im Internet wie „Insulin trinken“ und „Novorapid“, der Name eines Insulinmittels. Die Mutter des Opfers sagte aus: „Er fühlte sich so krank, dass er dachte, er würde sterben.“ Weil das nicht gelang, schmiedete die 35-Jährige einen neuen Mordplan.
Während des Verhörs sagte Jessica A., dass sie die Wohnung in der Nacht vor dem Mord nicht verlassen habe. Telefondaten zeigten allerdings, dass das falsch ist. Daraufhin änderte die Angeklagte ihre Angaben. Außerdem hat sie mehrmals gesagt, auf der Suche nach V. Dutzende Male mit dem Telefon ihres Schwiegervaters angerufen hat. In dem Zeitraum bestand jedoch kein Kontakt zwischen den beiden Telefonen. Der Schwiegervater bestritt, dass die Witwe sein Telefon benutzt hatte.