Flächenbrand in Neuss verhindert Die Polizei vermutet Brandstiftung: Experten müssen alte Esche sprengen
Neuss · Zu einem außergewöhnlichen Einsatz rückten Feuerwehr und THW nach Selikum aus. Sie mussten einen Baum löschen, um einen Flächenbrand zu verhindern. Die Polizei ermittelt. Brandstiftung ist nicht ausgeschlossen.
Der Knall war bis Dormagen zu hören: Um einen Flächenbrand in der Nähe des Kinderbauernhofes zu verhindern, mussten Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) am Donnerstagabend zu einem Mittel greifen, das nach Darstellung von Feuerwehrsprecher Christian Franke als „ultima Ratio“ gilt – die kontrollierte Sprengung eines Baumes. Das hatte es in Neuss seit dem Pfingstturm „Ela“ im Jahr 2014 nicht mehr gegeben.
Gesprengt wurde eine etwa 150 Jahre alte Esche, die vermutlich vorsätzlich in Brand gesteckt worden war. Brandstiftung oder Sachbeschädigung durch Feuer: „Auf jeden Fall liegt eine Straftat vor“, betont Polizeisprecherin Claudia Suthor.
Spaziergänger, die auf einem beliebten Trampelpfad zwischen dem Ziegengehege des Kinderbauernhofes und dem Napoleonswehr an der Erft unterwegs waren, wurden am späten Vormittag auf den brennenden Baum aufmerksam.
Offene Flammen waren nicht zu sehen, berichtet ein Zeuge, sondern lediglich ein Glimmen und Rauch, der aus dem Stamm wie aus einem Schornstein quoll – Anzeichen eines Schwelbrandes im Inneren des erkennbar hohlen Baumes. Der Schwelbrand kann nach Ansicht von Experten schon tagelang in dem Stamm gewütet haben, nachdem möglicherweise brennbares Material in eine Höhlung am Fuß der Esche gesteckt und angezündet worden war.
Wegen der Waldbrandgefahr und des Standorts war Eile geboten
Nun aber war Eile geboten, denn die Waldbrandgefahr ist hoch und steigt weiter. Am Samstag wird sie die zweithöchste Warnstufe im Waldbrandgefahrenindex des Deutschen Wetterdienstes erreichen. „Wegen der hohen Temperaturen“, wie Axel Kriegler betont. Die Lage im Rhein-Kreis sei wegen des hohen Laubwald-Anteils zwar nicht so dramatisch wie in anderen Regionen des Landes, sagt der Kreisförster. Allerdings seien die meisten Waldbrände menschengemacht. Zudem stand die Esche in einer Dickung, nur einige Meter von einer Wiese entfernt, auf der gerade Heu trocknet.
Der Standort des Baumes zwang die Feuerwehr dazu, über einige hundert Meter eine Wasserversorgung aufzubauen. Zudem konnte keine Drehleiter in Stellung gebracht werden, um den brennenden Baum von oben nach unten in Teilen abzutragen. Also gingen Einsatzkräfte der Feuerwehr die Flammen vom Boden aus an, mussten sich aber rasch zurückziehen, als ein großer Teil der Krone herausbrach. Die herabstürzenden Teile hätten den Löschtrupp nur knapp verfehlt, sagt Franke.
Hilfe tat Not, und die kam von der Ortsgruppe Neuss des THW. Die Feuerwehrkräfte hatten schon zuvor den Einsatz einer Kettensäge aufgrund der Größe und der Instabilität des rund 25 Meter hohen Baumes aus Sicherheitsgründen ausgeschlossen. Also blieb nur der Einsatz von Sprengstoff übrig.
Experte in dieser Hinsicht ist die „Fachgruppe Sprengen“ des THW Neuss. Sie ist eine von landesweit nur wenigen Fachgruppen dieser Art und für den mittleren Niederrhein und Teile der Eifel zuständig. „Bis zur Landesgrenze“, sagt der THW-Ortsbeauftragte Phillip Otterburg. Zuletzt hatten die Neusser Reste einer Brücke in Bad Münstereifel, die durch das Hochwasser im vergangenen Juli zerstört worden war, beseitigt. Die für Einsätze in einer Größenordnung wie jetzt in Selikum nötigen Sprengladungen habe man stets verfügbar, berichtet Otterburg.
Normalerweise wird ein zu sprengender Baum angebohrt und die Ladung wie eine Patrone eingeschoben, erklärt Otterburg das Vorgehen. Das war in diesem Fall aber nicht möglich, weil der Baum hohl war. Deshalb wurde der Sprengstoff wie ein Ring außen um den Stamm herum angebracht, mit Sandsäcken abgedeckt und so gedämmt – und gezündet.