Ausstellung „Trainspotting“ in der Versandhalle
Gezeigt werden Werke von Maxim Wakultschik.
Grevenbroich. „Die Menschen lieben es, in fremde Fenster zu schauen“, sagt Kulturamtsleiter Stefan Pelzer-Florack, „sie vergleichen das Gesehene mit dem eigenen Leben.“ Diese Neugierde erklärt wohl zum Teil die Faszination der Austellung von Maxim Wakultschik, die jetzt in der Versandhalle zu sehen ist. Doch die Arbeiten haben noch viel mehr zu bieten.
Formal zwischen Malerei und Objektkunst angesiedelt, nehmen sie den Besucher mit auf eine Fahrt im Nachtzug. Unwillkürlich lässt der Ausstellungstitel „Trainspotting“ an den gleichnamigen Roman von Irvine Welsh denken. Doch während die Figuren im Buch sich gegenseitig abzocken, während das Leben an ihnen vorbeirauscht wie ein Eilzug, gewährt Wakultschik in seinen Arbeiten schlaglichtartige Einblicke in fremde Leben.
Sie sind Musterbeispiele realistischer Malerei und sprengen gleichwohl die enge Kategorie Tafelbild. In Format und Rahmung russischen Zugfenstern und -türen nachempfunden, entfalten die Bilder eine spannende Privatheit: hier abgestellter Reiseproviant und eine zerwühlte Bettdecke, dort Menschen im Gespräch. So lässt sich auch der Gang durch die Ausstellung betrachten wie der Weg vorbei an einem Zugabteil, von der uniformierten Zugbegleiterin beim Einstieg bis zur schemenhaften Gestalt hinter der Milchglasscheibe am Ende des Abteils. So sehr sich die Motive unterscheiden, teilen sie doch ein und dieselbe Farbpalette. Es sind Nachtszenen, getaucht in Grün- und Brauntöne und gelbes Kunstlicht.
Nächtelange Zugfahrten kennt Maxim Wakultschik aus eigener Erfahrung. Im weißrussischen Minsk geboren und seit Anfang der 1990er in Deutschland, pendelt er regelmäßig zwischen der alten und der neuen Heimat. Pro Strecke kommen locker 24 Stunden Fahrtzeit zusammen, viel Zeit also für detaillierte Beobachtungen. „Wenn man als Reisender so lange unterwegs ist, erlebt man viel privatere Situationen als bei zwei-, dreistündigen Fahrten.“
Die Idee zu „Trainspotting“ entstand 2006, als der Künstler im Bahnhof durchs Fenster in den Fernzug auf dem Gleis gegenüber schaute. Er sah ein Bild wie von einem alten Meister, komplett mit Rahmen, erinnert er sich. Bis das Konzept für die Serie stand, sollten weitere zwei Jahre vergehen. Heute umfasst sie neben den Großformaten auch die Miniaturen mit Straßenansichten, gemalt auf Halbkugeln.
Die Ähnlichkeit mit Werken der „alten Meister“ kommt nicht von ungefähr. Wakultschik lernte die Klassiker der Malerei bereits in der Schule im Weißrussischen Lyzeum der Künste kennen. Später studierte er an der Düsseldorfer Kunstakademie, wo er sich erst mit Kreide, Tusche und Aquarellfarben, beschäftigte, dann mit Skulptur und Objektkunst. Heute lebt und arbeitet der 40-Jährige in Düsseldorf.