Polizei besucht jetzt Männer, die aus Hemmerden wegzogen 78 Männer kamen nicht zum Test

Grevenbroich. · Die Männer standen im Fall Ruf auf der Liste all jener Männer, die 1996 zwischen 14 und 70 Jahre alt waren. Jetzt bekommen sie Besuch von der Polizei, weil sie nicht beim Test waren.

Die neuen Ermittlungen im Fall der vor 23 Jahren ermordeten Claudia Ruf haben großes öffentliches Interesse geweckt.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

In der Gemeinschaftsgrundschule Hemmerden wird wieder gepaukt statt gespuckt. An den vergangenen beiden Wochenenden warteten dort Kriminaltechniker der Polizei auf Männer, die mit ihrer freiwillig abgegeben Speichelprobe an der DNA-Reihenuntersuchung zur Aufklärung des Mordfalls Claudia Ruf teilnehmen wollten. Die Beteiligung war nach Aussage aller Beteiligten höher als erwartet. Das Dorf will endlich wissen, ob seit 23 Jahren ein Mörder in der Nachbarschaft wohnt.

78 Männer bekommen in diesen Tagen Besuch von der Polizei. Sie standen auf der Liste all jener Männer, die 1996 zwischen 14 und 70 Jahre alt waren. Und sind nicht in der Schule erschienen – aus welchen Gründen auch immer. Der Bonner Polizei-Pressesprecher Frank Piontek sagt: „Bislang hat sich noch niemand geweigert, uns seine Speichelprobe zu geben.“

Während in der Kriminaltechnik des Landeskriminalamtes Düsseldorf nun die bereits abgegebenen 945 Speichelproben untersucht werden, hat die Mordkommission damit begonnen, zwei weitere Namenslisten abzuarbeiten.

Ermittler bearbeiten
mehr als 100 Hinweise

Auf der einen stehen rund 350 Namen. Dabei handelt es sich um Männer, die 1996 in Hemmerden wohnten, dann aber von dort weggezogen sind. „Diese leben heute in Hamburg oder München, Magdeburg oder Görlitz – tatsächlich über ganz Deutschland verstreut“, sagt Piontek. Diese werden nun angeschrieben, um einen Termin zur Speichelprobe mit ihrer örtlichen Polizeidienststelle zu vereinbaren. Auch dabei werde sehr genau die Identität des Probanden überprüft, damit sich niemand durch einen unbeteiligten Bekannten „vertreten“ lassen kann. Und die eigentliche Probe sollen Kriminaltechniker oder Spurensicherer entgegennehmen – also Personen, die sich mit DNA-Spuren auskennen. Die aufwendige Reihenuntersuchung soll nicht dadurch entwertet werden, dass verunreinigte Teststäbchen das Ergebnis verfälschen. Auf einer zweiten Liste stehen weitere 250 Namen. Dabei handelt es sich um Männer, die aus Hemmerden weggezogen sind und heute in in Nordrhein-Westfalen leben. Auch diese werden angeschrieben. Beamte aus Bonn oder dem Rhein-Kreis Neuss werden diese Männer besuchen, um eine Speichelprobe zu entnehmen.

Parallel dazu bearbeiten Ermittler die mehr als 100 Hinweise, die die Mordkommission Claudia Ruf über die eigens eingerichtete Telefonnummer (02131/30025252) entgegen genommen hat. Nach Angaben von Frank Piontek handelt es sich zu etwa zwei Drittel dabei um namentliche Hinweise auf Männer, die sich zum Tatzeitpunkt in Hemmerden aufgehalten haben – aber vermutlich nicht in den Einwohnermeldedaten auftauchen.

Ein Spezialist des LKA Düsseldorf nannte auf Nachfrage diese Beispiele: „Vielleicht hat jemand ein Haus oder einen Hof gekauft, noch nicht dort gewohnt, aber diesen in Eigenleistung renoviert. Oder: Es hatte jemand zum Zeitpunkt der Tat eine Liebe in Hemmerden und hielt sich deshalb oft dort auf – auch über Nacht.“ Einige dieser Personenhinweise waren aus Sicht der Ermittler sehr hilfreich. Hinzu kommen Hinweise auf alte Spuren, denen bereits 1996 nachgegangen worden sei. Und es wiesen zahlreiche Anrufer auf Fahrzeuge hin, die ihnen im Mai 1996 verdächtig vorkamen. Auch solchen Hinweise werde nach Möglichkeit nachgegangen. Mit ersten Ergebnissen des DNA-Abgleichs rechnet die Bonner Polizei in zwei bis drei Monaten.