Folgen der Pandemie Coronavirus: Haussärzte geraten an die Grenzen der Belastbarkeit

Grevenbroich. · Allgemeinmediziner sind fast rund um die Uhr beschäftigt.

In der Arztpraxis von Peter Stöcker trennt eine Scheibe Patienten von den Mitarbeitern.

Foto: Dieter Staniek

Die Ausbreitung des Coronavirus hat erhebliche Folgen für den Betrieb der Hausarzt-Praxen in der Stadt. Der Alltag der Mediziner ist seit den ersten bekannten Fällen auf den Kopf gestellt. Seitdem kommen Ärzte immer wieder auch an ihre Grenzen. „Die Belastung in den hausärztlichen Praxen ist enorm groß“, sagt Hausarzt Peter Stöcker, zugleich Ärztesprecher in Grevenbroich.

Von früh bis spät stehe die Corona-Arbeit im Vordergrund, wie Stöcker berichtet. Ärzte und Angestellte leisten deshalb viele Überstunden. „Eine Mittagspause kennen wir derzeit nicht“, sagt Stöcker. „Wir arbeiten von früh morgens bis spät abends im Zwei-Schichten-Betrieb durch.“ Dabei kämen bereits weniger Patienten als vorher, die unter Bagatellerkrankungen leiden. Doch da einige Fachärzte in der Stadt derzeit nicht groß gefragt seien und geschlossen hätten, müssten die Hausärzte auch deren Patienten übernehmen. „Wir Hausärzte sind zum Teil an der Grenze der Leistungsfähigkeit angekommen“, berichtet Stöcker.

Der übliche Umgang in der Praxis hat sich geändert: Persönliche Kontakte sind auf das Notwendigste minimiert worden. Rezepte werden auf Wunsch per Post geschickt. Auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen können momentan auf diesem Weg versendet werden. „Das ging vorher nicht, mindestens ein Kontakt mit dem Patienten war vorgeschrieben, bevor eine Arbeitsunfähigkeit ausgestellt wurde“, sagt Stöcker. Der persönliche Kontakt mit den Patienten sei aber nicht komplett eingestellt. Medizinische Notfälle werden weiterhin angenommen und behandelt. „Ich kann nicht alle ins Krankenhaus schicken, das würde die Kapazitäten dort überreizen“, so der Hausarzt.

Bei gutem Wetter werden
Rezepte draußen verteilt

Den großen Teil der Arbeit nimmt derzeit das Coronavirus ein. Seit einigen Wochen testet Stöcker selbst zwar nicht mehr auf die Infektion – das übernehmen mittlerweile die extra dafür eingerichteten Corona-Zentren des Gesundheitsamtes. Doch der Mediziner hilft maßgeblich bei der Koordination der Patienten. „Bei dringenden Verdachtsfällen rufe ich sofort das Krankenhaus an und kündige den Patienten an“, sagt er. Stöcker unterrichte dann auch die Leitstelle in Neuss, die für Krankentransporte zuständig ist. Schließlich müssten der Rettungswagen und die Fahrer präpariert sein und mit Schutzkleidung ausgestattet werden.

Die Hausärzte stellen sich indes auf das Virus ein. „Das mache nicht nur ich, das machen 90 Prozent aller Hausärzte in Grevenbroich“, sagt Stöcker. Viele Mediziner haben eine Scheibe an der Rezeption angebracht, um ihre Mitarbeiter zu schützen. Es werden auch nicht mehr alle Patienten gleichzeitig in die Praxen gelassen. Bei gutem Wetter werden Rezepte draußen verteilt. Termine werden nicht wie früher alle 15 Minuten, sondern nur alle 30 Minuten vergeben, damit der Kontakt eingeschränkt wird. Im Wartezimmer stehen Stühle weit genug auseinander.

Was Stöcker aufstößt, ist die schlechte Versorgung der Arztpraxen mit Schutzkleidung. „Es ist lächerlich, wie wenig wir derzeit bekommen“, sagt er. Und das obwohl die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein seit kurzem Schutzmasken und Desinfektionsmittel in der Region verteilt. „Die Kassenärztliche Vereinigung bemüht sich, aber das reicht nicht mal für einen halben Tag.“ Stöcker muss Mundschutze deshalb bereits wiederverwerten: „Wir wechseln sie nicht jedes Mal, wenn es nötig wäre.“