Rhein-Kreis Neuss Schwarzarbeit: Baubranche steht vor einem Image-Verlust

Rhein-Kreis Neuss. · 2019 wurden in der Region 478 Ermittlungsverfahren wegen illegaler Praktiken im Baugewerbe eingeleitet.

Die IG Bau fordert mehr Kontrollen vom Zoll, um schwarze Schafe in der Baubranche das Handwerk zu legen.

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG Bau) befürchtet einen Image-Verlust der Baubranche im Rhein-Kreis Neuss. Grund seien ausbaufähige Arbeitsbedingungen sowie Schwarzarbeit und Sozialbetrug, die den Staat jedes Jahr Millionen von Euro kosten. Bezüglich letzterem spricht Uwe Orlob, Bezirkschef bei IG Bau, von einem „erschreckenden Ausmaß krimineller Energie“. Denn Beamte des Hauptzollamts Krefeld, das auch für den Rhein-Kreis zuständig ist, haben im vergangenen Jahr insgesamt 195 Baufirmen kontrolliert und dabei 478 Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das teilt die IG Bau mit und beruft sich dabei auf eine aktuelle Auswertung des Bundesministeriums der Finanzen.

Der Grund für Schwarzarbeit, illegale Beschäftigung und Lohn-Prellerei in der Baubranche sei in der Regel Geldersparnis, erklärt Sebastian Greif von der IHK Mittlerer Niederrhein: „Es gibt Regeln, an die sich alle zu halten haben. Doch diese Firmen wollen sich einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil beschaffen.“ Gesetzlich seien Beschäftigungsverhältnisse „eindeutig geregelt“, so Greif weiter; bei Unklarheiten gebe es entsprechende Ansprechpartner, zu denen auch die IHK gehört. Der Experte im Bereich Steuerrecht bezweifelt daher, dass Baufirmen ihre Mitarbeiter aus Unwissenheit schwarz oder unterbezahlt einstellen. Der Sozialbetrug im Verwaltungsgebiet des Hauptzollamtes Krefeld in der Baubranche kostete den Staat nach Angaben der IG Bau im vergangenen Jahr etwa 6,3 Millionen Euro. Diese Summe entsteht allerdings nicht allein dadurch, dass Firmen ihre Beschäftigten unter Verstoß des Steuerrechts – also „schwarz“ – arbeiten ­lassen.

Die Sozialkasse ist von der
„­Lohn-Prellerei“ betroffen

Auch von „Lohn-Prellerei“ – also das Nicht-Bezahlen des Lohns der Arbeitskräfte oder die Bezahlung unter dem Mindestlohn – ist die Sozialkasse betroffen, betont Ivelina Ivanova, Gewerkschaftssekretärin der IG Bau Düsseldorf.

Um dem von der Gewerkschaft befürchteten Image-Verlust entgegenzuwirken, empfiehlt die IG Bau: „Sauber wirtschaftende Firmen dürfen nicht wegschauen, wenn sich Konkurrenten nicht an die Regeln halten.“ Zudem müsse sich die Branche zu einem „fairen Wettbewerb zu fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen“ bekennen, „wenn sie ihren Ruf nicht verspielen will“, so die IG Bau Düsseldorf. Die Gewerkschaft appelliert daher an die Arbeitgeber, den Bauberuf für Fach- und Nachwuchskräfte attraktiver zu machen – etwa durch höhere Löhne und eine Wegzeitenentschädigung. Doch die Realität sieht anders aus: Die Tarifverhandlungen, in denen diese Forderungen gestellt wurden, sind Ende Juni als gescheitert erklärt und abgebrochen worden. Jetzt beginnt das Schlichtungsverfahren.

Die IG Bau fordert zudem stärkere Kontrollen durch den Zoll. Dafür brauche die Finanzkontrolle Schwarzarbeit allerdings mehr Personal, betont IG Bau-Bezirkschef Orlob. Laut einer Sprecherin des Hauptzollamtes sei dieses gut aufgestellt.