Neue Anlage in Betrieb genommen Kaarster Klärwerk auf dem Weg in die Zukunft

Kaarst. · Im Gruppenklärwerk Kaarst-Nordkanal wurde eine neue High-Tech-Anlage in Betrieb genommen.

 Theo Thissen, Hans-Jürgen Petrauschke, Gerhard Odenkirchen, Ulrike Nienhaus, Uwe Friedl und Bernd Bucher (v.l.). bei der Inbetriebnahme.

Theo Thissen, Hans-Jürgen Petrauschke, Gerhard Odenkirchen, Ulrike Nienhaus, Uwe Friedl und Bernd Bucher (v.l.). bei der Inbetriebnahme.

Foto: Georg Salzburg(salz)

Weltweit gibt es nur wenige Anlagen dieser Art und sie gilt als innovatives Vorzeigeprojekt. Die Rede ist vom Gruppenklärwerk Kaarst-Nordkanal. Dort wurde am Mittwoch die neue Klärschlammbehandlungsanlage im Beisein von Gerhard Odenkirchen vom NRW-Umweltministerium, Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus, und Vertretern des Erftverbandes in Betrieb genommen.

Das Besondere an der Kaarster Kläranlage ist die Kombination von Membranbelebungsanlage mit Klärschlammbehandlung und Klärgasverwertung. Auf rund elf Millionen Euro beliefen sich die Gesamtkosten. Das Landesumweltministerium beteiligte sich mit 2,3 Millionen Euro, das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz mit 2,7 Millionen Euro.

In zwei Jahren Bauzeit entstanden auf dem Gelände des Gruppenklärwerks an der Schiefbahner Straße ein neues Vorklärbecken mit Feinsiebung, eine Anlage zur Prozesswasserbehandlung, ein Faulbehälter sowie ein Gasspeicher. In einem neuen Maschinengebäude befinden sich die maschinelle Schlammentwässerung sowie ein Blockheizkraftwerk, das täglich rund 7200 Kilowattstunden erzeugt.

Damit wird das bei der Abwasserreinigung entstehende Klärgas direkt auf der Anlage verstromt und zur Eigenversorgung genutzt. Zudem wird die dabei entstehende Wärme ebenfalls zur Reduzierung von externen Energiequellen verwendet. „Diese Kläranlage ist richtungsweisend für hohe Reinigungsleistung und Nutzung regenerativer Energien in der Abwassertechnik“, sagte der Verbandsratsvorsitzende des Erftverbandes, Uwe Friedl, am Mittwoch.

Externer Strombezug wird
um rund 40 Prozent reduziert

Bereits 2004 habe der Erftverband Innovationskraft und Mut gezeigt, als in Kaarst Membranfilter zur Reinigung von häuslichem Abwasser großtechnisch eingesetzt wurden, erinnerte Nienhaus. Doch die Membranbelebungsanlage, die zwar für Badewasserqualität des gereinigten Abwassers sorgt, ist auch deutlich energieintensiver als andere Klärwerke, so Bernd Bucher, Vorstand des
Erftverbandes.

„Es ließ uns keine Ruhe, dass der Energiebedarf bei über fünf Millionen Kilowattstunden im Jahr lag“, sagte er. Durch die jetzt in Betrieb genommene Anlage erreicht der Erftverband eine Reduktion des externen Strombezugs um mehr als 40 Prozent. 1000 Tonnen Kohlendioxid werden so pro Jahr eingespart. Damit arbeitet das Gruppenklärwerk nun fast ebenso energieeffizient wie konventionelle Kläranlagen, hat aber zudem eine erheblich bessere Reinigungsleistung.

Denn die Membranfiltration entferne auch Mikrorückstände, betonte Odenkirchen, der in Vertretung von Ministerin Ursula Heinen-Esser gekommen war. Krankheitserreger und Mikroplastikpartikel werden zwar durch die biologische Abwasserreinigung herausgefiltert, andere Spurenstoffe wie Arzneimittel- oder Chemikalienrückstände können derzeit aber noch nicht entfernt
werden. Mit der RWTH Aachen werde daher seit Ende 2018 untersucht, ob derartige Mikroschadstoffe mit Pulver-Aktivkohle auch auf großen Anlagen gefiltert werden können, erzählte Christoph Brepols, Projektleiter beim Erftverband. Auf zwei Jahre sei das Projekt angelegt. Sollte das Verfahren gelingen, wäre die Kaarster Kläranlage erneut unter den Pionieren.