Festakt im Kaarster Rathaus Kaarst feiert das Grundgesetz
Kaarst. · Bei der Feierstunde im Atrium des Rathauses war auch die Europawahl ein Thema.
Zwei Dinge hatten die Festredner gemeinsam: Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus, Kreisdirektor Dirk Brügge und der Bundestagsabgeordnete Ansgar Heveling betonten im Atrium des Rathauses nicht nur den Wert des Grundgesetzes. Sie ermunterten auch die in den vergangenen Monaten eingebürgerten Erwachsenen, am Sonntag von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen.
Emma (10) traute sich zuerst nicht so recht, ins Rampenlicht zu treten – ihr Bruder Eric (12) und ihre Mutter Alejandra Auguera Alemany (46) mussten sanften Druck ausüben. Die VHS-Dozentin, die seit fast zehn Jahren mit ihren Kindern in Kaarst lebt, hatte sich ebenso wie Antonio Blanquez für die deutsche Staatsangehörigkeit entschieden, wobei Blanquez die spanische Staatsangehörigkeit behalten hat. „Meine Söhne hatten sich bereits vor zwei Jahren für die doppelte Staatsangehörigkeit entschieden“, erklärte der 55-Jährige, der 13 Jahre bei der Sparkasse Neuss gearbeitet hatte und dann Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Herne wurde.
Ganz so beruflich etabliert ist Johnbull Okafer Agholor aus Nigeria nicht. Der Mann, der im Sommer 50 Jahre alt wird und der mit einer Deutschen verheiratet ist, muss seinen Job als Sozialbetreuer in einer Willicher Flüchtlingsunterkunft aufgeben, weil das Haus geschlossen wird. Aber er hat ein Ziel vor Augen: „Ich möchte meine Schreinerlehre beenden.“ Bürgermeisterin Nienhaus hatte bei der Aussprache einiger Namen leichte Probleme. Vergleichsweise simpel: Yonghong Ouyang. So heißt eine Neubürgerin, die vor acht Jahren von China nach Deutschland gekommen war.
Sie hat einen Job im Bereich Import-Export. „Vor allem Freiheit und Gleichheit sind die Begriffe aus dem Grundgesetz, die mir besonders gut gefallen“, sagte die 36-Jährige, die von Mann und Tochter begleitet wurde.
Die Bürgermeisterin ging auf eine Frage ein, die ein Bürger ihr im Vorfeld gestellt hatte: Was hat Kaarst mit dem Grundgesetz zu tun? Nienhaus stellte eine Gegenfrage: „Was wäre Kaarst ohne das Grundgesetz?“ Sie erinnerte daran, dass der totale Zusammenbruch 1949 erst vier Jahre zurückgelegen habe, dass der Parlamentarische Rat, der das Grundgesetz ausgearbeitet habe, den Grundstein für den Rechtsstaat gelegt hatte. Sie mahnte, zur Europawahl zu gehen und „den Populisten und Verführern die Stirn zu bieten“.
Heveling stellte das Grundgesetz der Weimarer Verfassung gegenüber, die den nationalsozialistischen Terror nicht hatte verhindern können: „Im Grundgesetz stehen die Grundrechte ganz vorne, sie können von Jedermann eingeklagt werden.“ Und er ging auf das Konstruktive Misstrauensvotum ein, das ein Machtvakuum verhindern soll. Außerdem hob er die im Grundgesetz festgeschriebene Garantie der Kommunalen Selbstverwaltung hervor. „Unser Grundgesetz ist es wert, dass man sich zu ihm bekennt.“ Kreisdirektor Dirk Brügge erklärte, extremes Gedankengut dürfe nicht die Mitte der Gesellschaft erreichen. Und er erinnerte daran, dass in Deutschland seit 74 Jahren Frieden herrsche.