Sankt Aldegundis Kirche Kaarst Düster trifft hell – die Doppelkirche in Büttgen

Büttgen · Die zwei Gotteshäuser der Sankt Aldegundis, verbunden durch einen Trakt, unterscheiden sich nicht nur durch die Farbgebung.

Auf den ersten Blick lassen sich die zwei Kirchen der St. Aldegundis Büttgen kaum ausmachen.

Foto: Wolfgang Walter

Inoffizielles Wahrzeichen und Ortsmittelpunkt von Büttgen ist die katholische Doppelkirche Sankt Aldegundis unmittelbar am Marktplatz. Das gesamte Ensemble fügt sich so harmonisch ineinander, dass sich auf den ersten Blick kaum zwei Kirchen ausmachen lassen. Die alte Kirche, erbaut 1166, erweist sich bei näherem Hinsehen als überraschend groß – wesentlich größer als die romanische Kirche Alt Sankt Martin in Kaarst. Die Geschichte der alten Kirche weist viele Lücken auf: Rund 200 Jahre ab 1395 sind ungeklärt, sicher datiert ist nur der Bau des Turms zwischen 1225 und 1250, der heute noch steht. Durch Brände und Plünderungen der Söldnertruppen bei der Neusser Belagerung 1447/75, beim Truchsessischen Krieg 1585/86 und im Dreißigjährigen Krieg 1618 bis 1648 erlebten Büttgen und die Kirche viel Zerstörung und Tod. Später wurde die Kirche zwischen 1868 und 1896 restauriert und vergrößert. Nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt die Sakristei einen Erweiterungsbau. Später wurde sie zu klein und die neue Kirche wurde an die alte quasi angebaut: Ein Trakt durch die Sakristei verbindet beide Gotteshäuser und auch zum Turm hat man einen uneingeschränkten Zugang.

Das Innere der alten Kirche wirkt zunächst etwas düster, was an der trüben Farbgebung der fünf Chorfenster liegt. Jedoch gelangen die dargestellten Szenen aus dem Leben Jesu erst dadurch richtig zur Geltung. Ein Blick gegen Himmel lohnt – die 1985 eingebaute Holzdecke gestaltete der Maler Wunderwald als eine Art theologische Belehrung, denn früher waren nicht alle Gläubigen des Lesens und Schreibens mächtig.

Der 3,5 Kilogramm schwere
Altar ist ein kleines Kunstwerk

Ins Auge fällt auch der Tabernakel aus Bronze von Hein Minkenberg, der von 1934 bis 1959 in Büttgen lebte. Er fertigte den Tabernakel 1950 für den Hochaltar des Neusser Quirinus-Münster an. In Zusammenhang mit der Liturgiereform wurde das Stück dort entfernt und ist seit den siebziger Jahren Dauerleihgabe für Büttgen. In den sechziger Jahren war das Gebäude aufgrund massiver Bauschäden geschlossen und in den siebziger Jahren wurde es umfassend restauriert. Die alte Kirche wird regelmäßig für Hochzeiten und Beerdigungen genutzt.

Die neue Kirche Sankt Aldegundis hingegen wirkt komplett anders – luftiger und heller durch einen perlmuttfarbigen Anstrich. Der Innenraum ist schlicht gestaltet. Das Dach hat eine Zeltform, was dem Sinnbild der christlichen Gemeinde entspricht. Für den Neubau zeichnete der Kölner Architekt Erwin Schiffer verantwortlich. Der Grundsteinlegung am 20. September 1959 folgte die Einweihung am 24. und 25. September 1960 nach nur 17 Monaten Bauzeit (erster Spatenstich im Mai 1958). Eine Erweiterung um 80 Sitzplätze erfolgte 1975/1976 und die alte Orgelempore aus Beton wurde durch eine stählerne ersetzt. In den neunziger Jahren erfuhr der Altarraum über vier Monate lang eine große Veränderung. Er wurde entsprechend der nachkonziliaren Liturgie – Aufhebung von Chor (Priesterraum) und Schiff (Laienraum) – durch nach vorn gezogene und rund angelegte Stufen erweitert. Altar, Ambo, der Sockel der Muttergottesfigur und Tabernakel sind aus rötlichem persischen Marmor angefertigt. Beim Rundgang offenbart der 3,5 Kilogramm schwere Altar ein kleines Kunstwerk, denn nach Entfernen des Altartuchs kommen zahlreiche Motive aus der Leidensgeschichte Jesu zum Vorschein: Kreuz, Lanze, Essigschwamm, Dornenkrone, Geißensäule, Schweißtuch der Veronika, der Beutel mit dem Lohn für den Verräter Judas und weitere Darstellungen wurden vom Kölner Künstler Matthias Heiermann in Sandstrahltechnik herausgearbeitet: „Sie erinnern uns daran, das auf dem Altar bei jeder Messfeier das Kreuzopfer Christi auf unblutige Weise erneuert und unter uns Gegenwart wird“, so der damalige Pfarrer Heinz Hintzen vor der Einweihung des Altars durch den früheren Weihbischof Friedhelm Hofmann am 20. Oktober 1997. Ein kleines Rätsel bilden die 14 Punkte, die das Kreuz im Altarraum umrahmen: Sie können für die 14 Nothelfer, auch aber für die Stationen des Kreuzwegs stehen.