14 Stolpersteine erinnern an deportierte jüdische Bürger
Sylvia Reinders und Pro Osterath initiierte die Osterrather Stolpersteine.
Meerbusch. Es sind Steine gegen das Vergessen. Sie sollen daran erinnern, dass auch in Osterath in der Zeit des Nationalsozialismus Menschen jüdischen Glaubens gelitten haben, deportiert und ermordet wurden. Am Samstag, 10. Dezember, einen Tag vor dem 70. Jahrestag der Deportation, verlegte der Künstler Günter Demnig 14 Stolpersteine zum Gedenken an die jüdischen Opfer.
Es ist seine Aktion. In 708 Kommunen hat er diese Quader schon in den Boden eingelassen, 33 000 insgesamt. Jedem Opfer ist ein solcher Stein gewidmet, ein Quader mit einer Messingplatte, in die der Name, das Geburtsjahr und das Deportationsziel eingraviert worden sind sowie ein Hinweis darauf, ob der Mann, die Frau oder das Kind die Deportation überlebt hat.
Für Sylvia Reinders, Pro-Osterath-Mitglied und Initiatorin des Projekts, war dies ein bewegender Moment. Seit über einem Jahr kämpft sie für dieses Projekt, das vor allem privat große Bedeutung für sie hat.
„Ich bin in einem Haus groß geworden, in dem eine jüdische Familie wohnte. Aber wir haben nie über diese Familie gesprochen, nie gewusst, was für Menschen das eigentlich waren.“ Dass eine Familie, die in der deutschen Vergangenheit derart leiden musste, vergessen wird, war für Reinders ein unerträgliches Gefühl. „All diese furchtbaren Filme über die Arbeits- und Vernichtungslager wecken Bestürzung und Trauer. Diese Menschen dürfen uns nicht fremd bleiben.“
Durch ihre Forschung konnte Reinders beispielsweise eine Tochter des Verstorbenen Paul Cervelli kontaktieren und Verwandte der Opfer in Brasilien ausfindig machen.
„Alle Familien, an die wir hier erinnern wollen, haben eine Geschichte“, betont sie. Sabine und Julius Gutmann kehrten zum Beispiel als einzige der insgesamt 26 Betroffenen nach Osterath zurück. Manche konnten fliehen, so wie Dan und Justin Lucas mit ihrem Vater, aber die meisten wurden ermordet. „Sie haben einmal hier mitten unter uns gewohnt, und es ist wichtig, dass wir uns damit auseinandersetzen“, sagt Reinders.
Unterstützt wird das Projekt vom Verein Pro Osterath, der die finanziellen Kosten von etwa 1400 Euro übernommen hat. Die notwendige moralische Unterstützung habe sie von ihrer Familie erhalten.
„Ich habe vier Kinder“, erzählt Reinders. „Sie haben mir gezeigt, dass auch die jüngere Generation einen Zugang zu unserer Stadtgeschichte finden muss.“ Für sie sind die aktuellen Geschehnisse Hinweis genug, dass die Geschichte nicht aufgearbeitet und die Jugend nicht ausreichend aufgeklärt sei.
Doch diese Meinung wird nicht von allen geteilt. Vier Hauseigentümer, vor deren Gebäuden Stolpersteine verlegt werden sollten, haben das Projekt nicht gebilligt. „Die Leute haben die absurdesten Ausreden. Im Endeffekt war wohl die Angst zu groß, Aufsehen zu erregen.“ Doch auch sie will Reinders noch gewinnen.
Das Projekt Erinnerung soll weitergehen. Gedenktafeln könnten auf die ehemalige Synagoge und das Gebetshaus in Osterath hinweisen. „Es ist ein gutes Gefühl, etwas zu tun. Darum will ich mich weiter engagieren“, sagt Sylvia Reinders. Sie hat zwischenzeitlich auch die jüdische Familie aus ihrer Kindheit gefunden und erfahren, dass sie damals einer Deportation entging und nach Amerika fliehen konnte.