Aus dem gelben Rathaus wird ein Museum

In dem Gebäude werden ab Ende der Woche knapp 100 Werke zu sehen sein. Ein Schwerpunkt sind Arbeiten der legendären Radiergemeinschaft Osterath, die der Künstler Holger Runge im Jahr 1964 in Bovert gründete.

Aus dem gelben Rathaus wird ein Museum
Foto: Ulli Dackweiler

Aus dem gelben Rathaus in Osterath, das die Stadtkämmerei beherbergt, wird künftig ein Schauplatz für Kunst. Am kommenden Freitag eröffnet Bürgermeisterin Angelika Mielke-Westerlage eine von Bernd R. Meyer kuratierte Dauerausstellung. Sie vereint insgesamt knapp 100 Arbeiten aus dem Bestand der Kurt-Sandweg-Stiftung und der legendären Osterather Radiergemeinschaft. Diese Vereinigung wurde 1964 von Holger Runge gegründet und zog Künstlerkollegen von hohem Rang an — darunter Erwin Heerich, André Thomkins, die Brüder Hans und Frank-Joseph van der Grinten, Martel und Gottfried Wiegand.

Ein Schwerpunkt in Holger Runges umfangreichem Schaffen war die Radierkunst. Seine geselligen Künstlerfreunde taten es ihm nach. Sie bevölkerten das weiträumige Atelier in seinem Haus in Bovert, wo der 91-Jährige bis heute lebt. „Erst trafen wir uns nur an einem Nachmittag zum gemeinsamen Arbeiten“, erzählt er. „Daraus wurde ein Tag und dann ein ganzes Wochenende.“ Man pflegte die Werke auszutauschen oder zu verschenken, wenn sie einem nicht gefielen. Bei Holger Runge häuften sich über die Jahre viele Hinterlassenschaften an. Nun hat er sich davon getrennt und seine Sammlung der Stadt gestiftet: „Die Kunst muss unters Volk“, sagt er.

Nicht Mitglieder, aber gern gesehene Gäste in der Gemeinschaft waren Rolf Crummenauer und Joseph Beuys. Auch von ihnen sind Werke dabei, etwa ein von Beuys zeichnerisch gestaltetes Zwiegespräch mit Crummenauer. Bernd R. Meyer, seit Jahren als Kunstberater der Stadt aktiv, erklärt die Entstehung der zweigeteilten Schau. „Weil der Bestand der Mülheimer Kurt-Sandweg-Stiftung nicht im Archiv versteckt werden soll, gibt es schon lange eine charmante Lösung. Wir konnten Paten aus der Wirtschaft gewinnen, in deren Firmenräumen die Bilder gezeigt werden. Trotzdem verblieb ein Überhang. So kam die Idee auf, auch öffentliche Räume damit auszustatten.“

Meyers Offerte inspirierte die Bürgermeisterin dazu, das Osterather Rathaus zu nutzen und die Werke aus der Stiftung dort zugänglich zu machen. Der Kurator hat sich bei seiner ästhetisch-konzeptionellen Hängung jedes Detail überlegt und mancherlei Erschwernisse von Leitungen und Licht elegant umschifft. Auch die Architektur des Gebäudes wurde einbezogen. Wie auf dem Absatz im Treppenhaus, wo Radierungen die Form der Bögen und Fenster aufgreifen.

Die Zeichnung mit Kassettenstruktur hängt neben der Kassettentür, die Wand mit dem Feuerlöscher wird durch passende Kunst geadelt. Sogar der Kopierraum bekam mit der Abbildung einer Vervielfältigungsmaschine sein Pendant. Die Ausstellung zieht sich durchs ganze Haus, vom Erdgeschoss bis in den zweiten Stock.

Auf der ersten Etage sind die Arbeiten von 25 Künstlern der Radiergemeinschaft gebündelt. Das Ergebnis begeistert auch Hausherr Helmut Fiebig: „Die Osterather Ausstellung wird Meerbuschs Ruf als Kulturstadt bereichern“, sagt der Stadtkämmerer und verweist auf seine Lieblingsecke mit mehreren Werken des Neussers Reiner Lichtenscheidt aus der Kurt-Sandweg-Stiftung. Auch Fiebigs Mitarbeiter konnten Wünsche anmelden und ihre Zimmer mit Kunstwerken schmücken. Bei Sabine Bloser vom Service Finanzen fanden gleich fünf Lichtenscheidt-Bilder Unterschlupf, darunter sein „Höllenhund“.