Bürgermeister Dieter Spindler: Frühaufsteher im Ruhestand

Nach 15 Jahren an der Stadtspitze verlässt Bürgermeister Dieter Spindler das Rathaus.

Bürgermeister Dieter Spindler übergibt das Zepter am Sonntag an seine Nachfolgerin Angelika Mielke-Westerlage.

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WZ: Herr Spindler, Ihre letzte Amtshandlung ist der Besuch des Ökomarkts. Gefällt Ihnen das?

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Spindler: Ja, am Sonntag um Mitternacht gehe ich in den Ruhestand, und ich werde das auch wach erleben (lächelnd). Häufig war ich in meiner Dienstzeit vor 23 Uhr in der Falle, weil ich ein Frühaufsteher bin. Der Ökomarkt ist eine tolle Veranstaltung, und die Preisverleihung an die Sieger des Malwettbewerbs ist ein Höhepunkt. Die Kinder haben sich so viel Mühe gegeben. Es ist eine abschließende Diensthandlung, die rein nur Freude macht.

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WZ: Hat sich Ihre Aufgabe in den 15 Jahren verändert?

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Spindler: Die Aufgabe hat sich nicht verändert, nein. Intensiv war die Phase, in der ich ganz ohne Beigeordnete war, und die zwei Jahre ohne Technischen Dezernenten. Das war zeitintensiv.

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WZ: Ist das überhaupt zu bewältigen?

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Spindler: Es geht, aber Sie müssen dann schon richtig was tun. Eineinhalb Tage pro Woche war ich immer im Technischen Dezernat in Lank, damals wurden ja die großen Bauprojekte wie Bauhof und Bibliothek realisiert.

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WZ: Wie empfinden Sie das Klima in Meerbusch?

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Spindler: Sie meinen, ob die Diskussionen mit dem Bürger offener und transparenter geworden sind? Dazu möchte ich betonen: Wir haben immer schon mit dem Bürger diskutiert, überall. Das zeichnet die Kommunalpolitik aus — die direkte Ansprechbereitschaft. Ein gutes Beispiel ist der Schillerpark in Büderich, der verkauft und bebaut werden sollte. Hier haben Verwaltung, Politik und Bürger einen guten Kompromiss gefunden. Die Kommunikation hat sich nicht verändert, sie wird heute nur stärker betont. Die Bürger kamen schon immer direkt ins Rathaus.

WZ: Hat Ihr Amt Sie verändert?

Spindler: Verändert insofern, dass ich heute weiß, dass Dinge nicht so einfach sind, wie sie einem erscheinen, und auch nicht einfach durchsetzbar sind. Man wird etwas gelassener. Ich war auf ungezählten Festen, Geburtstagen und Jubiläen: Da bekommt man mit, welche Sorgen und Nöte die Menschen haben. Ich bin ein verständnisvollerer Mensch geworden, zurückhaltender mit Urteilen, als ich das am Anfang war.

WZ: Wie bewerten Sie den Umgang mit der Politik?

Spindler: Positiv! Es gab natürlich Diskussionen, aber in vernünftiger und sachlicher Atmosphäre. Ein, zwei Sachen haben mich geärgert. Aber ich habe in 15 Jahren keine Ratssitzung und keinen Hauptausschuss versäumt, und es gab keinen einzigen Ordnungsruf und keine Geschäftsordnungsdebatten wie in anderen Kommunen. Ohne mich loben zu wollen, glaube ich, dass ich ein Stück dazu beigetragen habe.

WZ: Haben Sie „Sitzungsleitung“ gelernt?

Spindler: Nein, gekonnt.

WZ: Was waren schwierige Situationen?

Spindler. Sicher der Ausbau der B9 mit dem Dauerstau in ganz Büderich und die Diskussion um die Bäume. Experten hatten vorausgesagt, dass die alten Ahorne und Platanen die Straßensanierung mittelfristig nicht überleben würden und es Sinn mache, alle zu fällen und durch junge Bäume zu ersetzen. So könne man Bürgersteige und Radwege optimal neu gestalten, und man hätte in 20 Jahren eine herrliche neue Allee. Das hatte ich akzeptiert. Und dann hatten wir plötzlich einen Aufstand. Ich wurde auch persönlich massiv angegriffen. Letztlich haben wir ja ohne Bürgerbegehren eine Lösung gefunden, aber das war eine ganz schwierige Situation.

WZ: Welche Konflikte waren ähnlich massiv?

Spindler: Auch die Diskussionen über die Olympiabewerbung waren nicht einfach oder die um den Bau der A 44-Querung. Ich habe eine Brücke immer für etwas Verbindendes gehalten, und es ist eine schreckliche Vorstellung, der Verkehr von dort würde heute durch Büderich rollen. Außerdem war das Finanzdesaster 2003/04, als wir Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe zurückzahlen mussten, eine bittere Erfahrung.

WZ: Stadtdirektor Sonnenschein hat am Ende seiner Dienstzeit sehr bedauert, dass es nicht gelungen sei, den Franz-Schütz-Platz zu bebauen. Geht es Ihnen ebenso?

Spindler: Wir haben die Pläne eingestampft. Sie waren nicht unumstritten, aber letztlich war die Finanzkrise der Auslöser. Wenn man bei allen Vereinen kürzen muss, wird man für solch ein Projekt keine Mehrheit finden. Das ist bedauerlich, denn die Konzentration der Verwaltung auf ein Gebäude ist sinnvoll. Es erleichtert den Kontakt der Mitarbeiter untereinander und so auch Arbeitsabläufe. Eine gemeinsame Kantine schafft auch Gemeinschaftsgefühl.

WZ: Welcher Teil Ihrer Arbeit hat Ihnen am besten gefallen?

Spindler: Schwer zu sagen. Zufrieden war ich immer, wenn ich etwas hinbekommen habe, wie ich es wollte. Das konnte ein Fest, nüchterne Schreibtischarbeit oder ein Ausschuss sein. In der Kombination von Politik, Repräsentation und Schreibtischarbeit liegt ja der Reiz des Amtes. Die Aufgabe als Aufsichtsratsvorsitzender der Wirtschaftsbetriebe, die Servicegesellschaft und der WNO war sehr interessant, positiv und erfolgreich.

WZ: Was werden Sie vermissen?

Spindler: Vermissen werde ich mein tolles Team im Rathaus und die in der Regel gut gestimmten Mitarbeiter aus der gesamten Verwaltung.

WZ: Was werden sie gar nicht vermissen?

Spindler: Unsachliche Diskussionen und die Auseinandersetzung mit Einzelinteressen, all diese egoistischen und nur auf die eigenen Interessen abgestellten Verlangen. Diese Anspruchshaltung ist unerfreulich. Ich habe es immer mit dem Kant’schen Imperativ gehalten, nichts zu Lasten anderer zu tun, aber damit haben manche Menschen nichts am Hut.

WZ: Welche Fähigkeiten muss Meerbuschs Bürgermeister haben?

Spindler: Freude an Verwaltungstätigkeit, Freude, mit Menschen umzugehen, Fachkenntnis und Menschenführung.

WZ: Braucht man Geduld?

Spindler: Die muss man auch haben, und man muss bereit sein, großen Arbeitseinsatz zu bringen. Wochenenden waren keine Arbeitszeit, aber die Abwesenheit von Freizeit. Es ist ein 7-Tage-Job.

WZ: Was fangen Sie mit Ihrer neu gewonnenen Freiheit an?

Spindler: Ich werde im wirtschaftlichen Bereich arbeiten, aber nicht mehr als zwei Tage in der Woche. Auf mehr Sport freue ich mich, Tagestrips in die Umgebung und zu lesen. Ich bin schlicht und ergreifend nicht dazu gekommen. Ich habe immer gefürchtet, man würde mich mal fragen, welches Buch ich gerade lese (schmunzelnd).

WZ: Was also werden Sie lesen?

Spindler: Mich interessieren Bibliografien, Geschichtsthemen und spannende Agententhriller. Wir haben ja eine gute Stadtbibliothek. Jetzt habe ich die Gelegenheit, auch ab und an mal einer reizvollen Buchempfehlung zu folgen. Die Zeit gönne ich mir dann.