Landwirtschaft in Meerbusch BUND: Einsatz für solidarische Landwirtschaft

Meerbusch. · Das Bewusstsein für regionale Lebensmittel und nachhaltige Landwirtschaft nimmt zu. Die BUND-Ortsgruppe möchte eine solidarische Landwirtschaft in Meerbusch Mitte entwickeln. Am Donnerstag ist in Büderich ein Infotreffen.

Solidarische Landwirtschaft verspricht frisches Gemüse direkt vom Feld vor Ort, etwa Möhren und anderes Gemüse.

Foto: obs/Meine Möhren

Immer mehr Menschen beschäftigen sich damit, woher ihr Essen kommt und wie es angebaut wurde. Bei den Meerbuscher Nachbarn in Düsseldorf, Kaarst und Krefeld gibt es bereits das Konzept der „Solidarischen Landwirtschaft“ (Solawi). Dabei schließen sich Bürger zu einer Gruppe zusammen und pachten gemeinsam ein Feld, auf dem ihr eigenes Bio-Gemüse geerntet wird. Gemeinsam finanzieren die Teilnehmer mit einem monatlich festen Beitrag den Anbau von frischem Gemüse vor Ort. Eine Solawi ist kein normaler Schrebergarten, sondern eher eine Art Genossenschaft. Diesem Ansatz will der BUND nun auch in Meerbusch nachgehen.

„Wir sind umzingelt von Solawis, und es ist schade, dass es das in Meerbusch noch nicht gibt“, sagt Andrea Blaum von der BUND-Ortsgruppe Meerbusch. Die Idee sei in der Corona-Krise noch konkreter geworden: „Könnte sich Meerbusch selbst ernähren? Und wie viele Leute würden das mittragen, damit der Bauer das nicht alleine stützt?“ Das Bewusstsein dafür existiere in der Gesellschaft bereits, sagt die Umwelt-Expertin: Der Einkauf regionaler Produkte sowie der Besuch auf Wochenmärkten oder in Hofläden sei in den vergangenen zehn Jahren immer mehr zum Trend geworden.

Eine Fläche in Meerbusch
Mitte ist im Gespräch

„Für mich bedeutet Solawi eine Aufwertung und eine Anerkennung für die Arbeit der Bauern“, sagt Blaum. Dafür bräuchte man einen bäuerlichen Betrieb mit fachlichem Wissen sowie potenzielle Geldgeber, sprich Mitglieder oder Abnehmer, die sich für die Abnahme pro Jahr verpflichten. So hätten auch die Bio-Bauern die Sicherheit, dass ihre Ware genutzt wird. Die Ausgangssituation für eine Solawi in Meerbusch sei gut, so Blaum: „Wir haben hier sehr wertvolle und ertragreiche Böden, die sind alle prädestiniert für eine Solawi.“ Im Gespräch ist eine Fläche in Meerbusch Mitte bei Haus Meer. Da die Grundstücke in städtischer Hand sind, wurde bereits eine Anfrage zur Idee „Meerbusch ernährt sich selbst“ an die Parteien geschickt. Am Donnerstag, 13. August, soll ein erstes Infotreffen stattfinden. Die Voraussetzungen seien also da, das Problem dabei sei aber: Immer mehr wertvolle Ackerflächen werden zu Bauland. „Im Grunde genommen dürfen wir überhaupt keine Flächen mehr bebauen. Fläche ist endlich, wir können nicht alles versiegeln“, sagt Blaum. Für nachfolgende Generationen sei es fatal, Agrarflächen zu vernichten. Denn die Ackergrundstücke kommen nicht wieder. „Die Solawi steht und fällt mit den lokalen Bauern“, sagt Blaum.

Die meisten Höfe werden vererbt. Einen konventionellen Betrieb in einen Bio-Betrieb umzuwandeln braucht viel Kapital - ebenso wie eine Bauernhof-Neugründung. „Die Solawi ist eine Möglichkeit für die Bauern, das Kapital von denjenigen, die die Ernte essen, zu bekommen“, sagt Bio-Bauer Heinrich Hannen vom Lammertzhof in Kaarst. Das Konzept habe den Vorteil, dass die Solawisten das Jahr vorfinanzieren.

Ein positives Beispiel
aus Düsseldorf

Ein erfolgreiches Beispiel ist die solidarische Landwirtschaft in Düsseldorf. Weil die Stadt Düsseldorf keine Ackerfläche zur Verfügung stellen konnte, hat Heinrich Hannen einen Teil seiner Fläche in Kaarst den Düsseldorfer Solawisten – also den Bürgern, die in einer solidarischen Landwirtschaft aktiv mitwirken – bereitgestellt. Seit mittlerweile vier Jahren gibt es diese Solawi, die Gruppe ist seither ständig gewachsen. „Das ist total klasse, das habe ich mir nicht träumen lassen“, sagt Hannen. Aktuell werde über eine Erweiterung der Fläche im Raum Düsseldorf nachgedacht. „Ich halte solche Initiativen für begrüßenswert und notwendig, damit wir den Wandel in der Landwirtschaft weg von Riesenäckern mit nur einer Kultur hinkriegen“, sagt der Bio-Bauer aus Erfahrung – auch, wenn das ein bisschen Konkurrenz für ihn bedeuten würde. In der Regel suchen die Solawisten geeignete Agrar-Experten, entweder Gärtner oder Bauern, und statten diesen mit einem Budget aus. „Das muss ein Mensch sein, der Praxiserfahrung hat und ein Gemüsejahr durchplanen kann“, sagt Hannen. Sein Gärtner Lukas Langer etwa sei so jemand: Er legt einen plausiblen Plan vor, welche Kulturen er einplant und wie viel Geld für Saatgut und weitere Hilfsmittel noch gebraucht werden. Dann brauche es einen Menschen im Hintergrund, der Maschinen leihen kann, vernetzt ist und Tipps geben kann. Dafür stehen Heinrich Hannen und der Lammertz Hof zur Seite. Am Ende des Jahres wird dann abgerechnet.

„Wir zeigen, was möglich ist. Wenn man sieht, dass es funktioniert, dann kommen die Leute auch“, sagt Hannen. Die Solawi sei ein langer Weg, aber es gehe voran. Corona stehe dem Konzept nicht im Wege, die Solawisten könnten Versammlungen entsprechend der Hygienevorschriften draußen oder in einem großen Raum abhalten. Heinrich Hannen: „Jede Krise, die wir gehabt haben, hat die Öko-Szene gestärkt. Das regt die Leute an, nachzudenken und Grundsatzfragen zu stellen.“

Auch Karin Birgels-Rahm vom Hof am Deich in Meerbusch findet die Idee der solidarischen Landwirtschaft gut. „Gerade stadtnah finde ich es wichtig, den Menschen Landwirtschaft und die Arbeit, die dahinter steckt, nahe zu bringen. Wer sich in der Solawi engagiert, der macht sich viele Gedanken“, sagt Birgels-Rahm. Bei der hofeigenen Gemüseselbsternte sei es interessant zu sehen, wie wenig die Leute von der Landwirtschaft wissen und wie viele darin aufgehen, wenn sich damit auseinander
setzen.