Das Tagebuch eines rastlos Reisenden

Christoph Ransmayr stellt im Kunstkabinett Mönter sein neues Buch vor.

Osterath. Kritiker überschlagen sich: Von Geniestreich ist die Rede, vom Zeugnis eines Schriftstellers, wie es keinen zweiten im deutschsprachigen Raum gebe. Vor 25 Jahren stellte Christoph Ransmayr als noch relativ unbekannter Autor seinen späteren Welterfolg „Die letzte Welt“ im Buch- und Kunstkabinett von Konrad Mönter vor. Kurz vor dem 80. Geburtstag des Buchhändlers und Galeristen schaute er jetzt erneut in Osterath vorbei, um sein Buch „Atlas eines ängstlichen Mannes“ vorzustellen.

In 70 Episoden berichtet Ransmayr darin von seinen Reisen quer über den Erdball — von Irland und Indien, Südamerika und Südafrika, Australien und der Antarktis. „Und ich sah“ — so beginnt jedes der Kapitel. Ransmayr wertet nicht, sondern beobachtet, er sucht das Gespräch mit Menschen und schreibt in Demut das Erlebte nieder.

Wie der Österreicher das vollbringt, erhebt ihn über das Gros seiner Kollegen. Jedes Wort scheint exakt abgewogen, nichts wirkt unüberlegt, sondern unterliegt offenbar der selbst auferlegten Pflicht, alles präzise und detailgetreu wiedergeben zu müssen. Worte und Umschreibungen für Eindrücke und Emotionen zu finden, die andere als solche kaum wahrnehmen oder als belanglos betrachten, ist die Kunst des Christoph Ransmayr. So wird der Flügelschlag eines Albatrosses auf Neuseeland zu einem ebenso bedeutsamen Erlebnis wie die täglichen Horrormeldungen im Radio.

So wie der bald 59-Jährige schreibt, so liest er auch. Jede Silbe verdient es, prononciert ausgesprochen zu werden, nichts wird verschluckt. Stattdessen versorgt Ransmayr seine Zuhörer mit hilfreichen Informationen zum besseren Verständnis seiner Reiseberichte.

Er ermuntert sogar, zu blättern, nur einige der Geschichten zu lesen, die ja in sich abgeschlossen seien. Nicht zu viel will er auch seinen Zuhörern in Osterath zumuten, daher belasse er es bei fünf der Episoden. Das wiederum nimmt man ihm übel. Denn wer einmal in den Sog von Ransmayrs Erzählkunst gerät, kann davon nicht genug bekommen.