„Die Tour war für den Niederrhein ein Sommermärchen“
Der Meerbuscher Marketing-Experte Wilfried Korfmacher zieht ein positives Fazit der Tour im Rhein-Kreis.
Morgen endet die Tour de France in Paris. Wer spricht dann noch davon, dass die Rundfahrt vor drei Wochen im Rheinland gestartet wurde? Was bleibt in einer schnelllebigen Welt vom Grand Depart im Rhein-Kreis in Erinnerung? Wilfried Korfmacher (59), der mit seiner Agentur Zeichenverkehr in Meerbusch das Markenbild für den Rhein-Kreis entwickelt hat, spricht im Interview über die Nachhaltigkeit des Events.
Herr Korfmacher, Deutschland im Juli 2017. Bleiben nicht eher die Bilder der Gewalt beim G20-Gipfel von Hamburg in Erinnerung als die fröhlichen Fans beim Grand Depart in Düsseldorf?
Wilfried Korfmacher: Ach was: Auch die Bilder aus Hamburg haben sich ja jetzt schon fast versendet. Ich war nicht in Hamburg. Zum Glück! Dafür spüre ich immer noch das Glücksgefühl des Sommermärchens hier am Niederrhein. Das war ein Fest der Lebensfreude. Mehr als eine Million Zuschauer. Peace pur! Aber auch das war natürlich ein Glücksfall. Ich habe uns allen gewünscht, dass bloß nichts passiert an diesem Wochenende. Alles gut!
Thema Geld. Darf eine Stadt wie Düsseldorf einen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag für ein Sportereignis wie die Tour ausgeben?
Korfmacher: So eine Frage stellen Bürger und Politiker gern und liefern die genehme Antwort meist gleich mit — je nach Lager. Zu einer ernsthaften betriebswirtschaftlichen Betrachtung kann ich aber nichts sagen, dazu fehlen mir präzise Hintergrundinformationen. Ich verfüge da auch nur über das Zeitungswissen.
Woran messen Sie denn Erfolg, wenn so viel Steuerzahler-Geld ausgegeben wird? Stoppen Sie Düsseldorfs Fernsehpräsenz in Minuten und rechnen die Mediagelder hoch?
Korfmacher: Das ist der quantitative Weg — und höchstens die halbe Wahrheit. Viel wichtiger ist, dass die Landeshauptstadt und die ganze Region in ein sportliches Gemeinschaftserlebnis investiert und die Bevölkerung damit in einen heiteren Ausnahmezustand versetzt hat. Als ich nach dem Zeitfahren am Samstag im Düsseldorfer Ehrenhof ankam, standen noch die Pfützen vom Nieselregen auf den Wegen. Das war ein wenig wie Woodstock! Doch dann begann das Open-Air-Konzert der französischen Vorgruppe, die Abendsonne brach durch, und die „Magical Mystery Tour“ von Kraftwerk begann!
Ein Großereignis als identitätsstiftendes Erlebnis für die Einwohner einer ganzen Stadt — ist es das was Sie meinen?
Korfmacher: Absolut! Und weit darüber hinaus! In einer Zeit, in der über Sinn und Unsinn der EU diskutiert wird, haben wir Europa gefeiert! Schon Heinrich Heine hat den Rhein ja nicht als Grenze gesehen, sondern als internationale Lebensader. Deutschland und Frankreich, Michael und Marianne, Merkel und Macron. Europa? Ja! Aber wie? Ganz einfach: Oui! Mit positiver Energie! Wie sagte Joseph Beuys so schön: „Ich kenne kein Weekend!“ Well, Jupp! Das war ein Gesamtkunstwerk — eine soziale Plastik, sicher auch in seinem Sinn.
Und dann sah man weltweit Bilder von Düsseldorf im Regen...
Korfmacher: Na wunderbar! Wir kommen zum Wetter. Das war doch wunderbar bei mir zuhause in Büderich. Die Fahrt über die Dorfstraße am Meerbuscher Rathaus vorbei: ein Höhepunkt! Den Sonntag habe ich aber bei Freunden direkt an der Strecke in Neuss verbracht. Mein Resümee: Das Klima war klasse. Die Atmosphäre war einfach fantastisch. Unsere Gäste aus aller Welt waren begeistert.
Und was sagen Sie den vielen Kritikern, die darauf verweisen, dass in Düsseldorf einem Sport die Bühne bereitet wurde, der viele Jahre an der Spitze der Doper stand?
Korfmacher: Da bleibe ich auch heute noch skeptisch. Aber Doping ist ja nicht das Problem der Athleten allein. Der Leistungssport ist doch am Ende nur das Abbild der Leistungsgesellschaft. Wie gehen wir miteinander um? Wie finden wir das menschliche Maß? Darüber nachzudenken ist aus meiner Sicht wirklich wichtig. Das wäre doch ein gutes Medium dafür.
Woran erinnern Sie sich, wenn Sie an den Grand Depart zurückdenken?
Korfmacher: An die Zukunft: den Grand Depart 2018 auf der Île de Noirmoutier in der Vendée. Da wird sich der Tour-Circus ganz anders zeigen: ländlich-maritim. Ich war da übrigens noch nie. Vielleicht sollten wir nach Westfrankreich fahren im nächsten Jahr. Mit dem „Trans Europa Express“. Kraftwerk hat uns ja auch dazu inspiriert. Oder noch besser: Ich fahre mit meinem Rennrad hin — so wie die Helden des Pelotons. Aber piano: Eile mit Weile.