Einbruch in die eigenen vier Wände
Bei Martin Röse ist am Donnerstagabend eingebrochen worden. Die Geschichte aus Sicht des Opfers.
Ich bin kein Einzelfall. Was meiner Familie und mir passiert ist, passiert fast täglich auch irgendwem anders in Meerbusch — allein in den ersten sechs Monaten des Jahres gab’s 140 Einbrüche. Oft genug habe ich über aufgehebelte Fenster und Türen geschrieben, Einbruchsdiebstähle vermeldet. Selbst der Leiter der Kreispolizeibehörde wurde schon Einbruchsopfer. Wie es sich aber anfühlt, wenn Fremde ungebeten in den eigenen Sachen stöbern, das kann ich erst jetzt beurteilen.
Die Liebe zum Geld brachte das Unglück ins Rollen. Mein einjähriger Sohn hatte zwei Münzen verschluckt, meine Frau packte seinen zwei Jahre älteren Bruder ins Auto, schloss die Haustür ab und sauste mit den beiden ins Krankenhaus. Da saß ich noch in der Redaktion. Es war 19.30 Uhr am Donnerstagabend. Zwei Stunden später waren die Münzen wieder da, wo sie hingehörten — außerhalb Maximilians — und erneut klingelte mein Telefon in der Redaktion. „Ich komme nicht ins Haus“, sagte meine Frau. Ich komme auch manchmal nicht ins Haus. Unsere hölzerne Eingangstür hakt, je nach Temperatur, ein bisschen. „Versuch’s noch mal!“, sagte ich. — „Und wenn Einbrecher im Haus sind?“ — „Quatsch“, sagte ich. Das hätte ich besser nicht gesagt.
Jemand hatte von innen den Riegel vorgelegt. Und das Licht gelöscht. Und meine Frau erkannte durch die Milchglasscheibe, dass Schränke offenstanden. Wir riefen die Polizei. „Wir kommen sofort“, sagte der Beamte. Ich schrieb in Eile meinen letzten Artikel zu Ende und hetzte nach Hause.
Es ist ein echt mieses Gefühl, wenn man Blaulicht und zwei Streifenwagen vor dem eigenen Haus sieht. Und die eigene Frau inmitten von Chaos, umgeben von Polizeibeamten, mit zwei übermüdeten, überdrehten kleinen Kindern. Dreckspuren auf dem Fußboden. Wie in Trance sah ich: in der Küche alle Schränke auf. Im Wohnzimmer: Schränke aufgebrochen. Im Flur: Kommode aufgestemmt. Im Arbeitszimmer: Schubladen aufgerissen, Papiere durcheinander auf dem Boden liegend. Die Täter waren im Keller, im Erdgeschoss, im Obergeschoss, kletterten sogar ins Dachgeschoss. Durchs geöffnete Küchenfenster sind sie wohl geflüchtet.
Die Beamten waren freundlich, fast mitfühlend. Sie hatten sich dem Haus von der Gartenseite genähert, waren selbst durchs offene Küchenfenster eingestiegen und hatten sich zunächst vergewissert, dass sich die Täter nicht mehr im Haus befanden. Erst dann öffneten sie meiner Frau die Tür.
„Können Sie erkennen, was fehlt?“ — „Vielleicht ein Topf?“, fragte ich mich in der Küche. Quatsch, weiter! Im Arbeitszimmer lagerte ich die Weihnachtsgeschenke, zählte die Päckchen durch. Alle da. Danke, liebe Einbrecher! Im Wohnzimmer: Die Hausbar offen, ebenso die Dose mit den selbstgebackenen Plätzchen. Kekse fehlten, und wohl auch ein Rotwein. Immerhin: den guten Whisky haben die Täter stehen lassen. Dafür ist das Münzgeld weg, das meine Frau aus sämtlichen Hosen- und Jackentaschen zusammengekramt hatte, damit unser Sohn es nicht futtern kann. Sie hatte die rund 35 Euro in den Flur aufs Büffet gelegt. Ein Handyladekabel ist verschütt. Das Bose-Soundsystem fürs i-Phone fehlt. Das war gerade mal eine gute Woche alt — ein Geburtstagsgeschenk. Ein Goldohrring meiner Frau. Dafür haben die Einbrecher ihren Hochzeitsschmuck übersehen, den wir seit Monaten ganz dringend ins Bankschließfach bringen wollten — und gestern auch gebracht haben.
Sie kamen wohl durch den Garten über die Garage, hebelten das Kinderzimmerfenster auf. Die Spurensicherung findet Abdrücke von behandschuhten Fingern am Rahmen. „Mit etwas Glück sind da Schweißspuren dran“, sagt die Beamtin und bittet mich, eine DNA-Probe zum Abgleich abzugeben. Wir geben ihr eine Münze mit, die wir auf dem Wohnzimmerteppich gefunden haben. Fünf Bani. Geprägt vor sechs Jahren in Rumänien.