„Frauen sollen nicht bevorzugt werden, nur weil sie Frauen sind“
Heute ist der Internationale Frauentag. Gabriele Parschau äußert sich zu Themen wie Gleichbehandlung und Karrierechancen.
Frau Parschau, gibt es eigentlich „die typische Meerbuscherin“? Wer ist es dann: die Hausfrau und Mutter von drei Kindern, die Karrierefrau oder die Rentnerin, die sich ehrenamtlich in der Kirche engagiert?
Gabriele Parschau: Die typische Meerbuscherin gibt es nicht. Es gibt von allen etwas, eine große Bandbreite. Es gibt Frauen mit hohem Bildungsniveau, es gibt Frauen, die nach der Familienphase wieder arbeiten wollen, aber keinen Job finden, und natürlich gibt es die ältere Witwe, die nach dem Tod ihres Mannes alleine lebt.
Wie viel Frauen leben derzeit in Meerbusch?
Parschau: Etwas mehr als 29 000, ihnen stehen mit 26 605 weniger Männer gegenüber.
Also gibt es auch Single-Frauen?
Parschau: Na klar. Es gibt etwa 27 000 Verheiratete, 4200 Geschiedene, 4040 Verwitwete und 20 300 Ledige — diese Zahlen gelten aber für Männer und Frauen zusammen. Die meisten Frauen finden sich in der Altersgruppe der 19 bis 46-Jährigen, das sind 8349 Frauen. Bei den über 80-Jährigen finden sich 2200 Frauen sowie 1350 Männer.
Also hat Meerbusch einen höheren Frauen- als Männeranteil?
Parschau: Genau, so steht es in der Statistik. Übrigens: Bei den unter Dreijährigen dreht sich das Verhältnis. Es gibt 661 Mädchen und 682 Jungs.
Dieser höhere Frauenanteil spiegelt sich aber nicht unbedingt auf allen Führungsebenen wider, oder?
Parschau: Richtig, Unternehmensspitzen sind meistens männlich besetzt. Die sogenannte gläserne Decke — also oft ein Karrierestopp für Frauen — ist durchaus vorhanden. Das wird sich aber in den nächsten Jahren durch die Generation der jungen, hoch qualifizierten Frauen ändern.
Wie sieht es im Rathaus aus? Mit der Bürgermeisterin haben Sie ja schon mal eine Frau an der Spitze...
Parschau: Genau, darauf bin ich auch ganz besonders stolz. Sie ist ja eine der wenigen Bürgermeisterinnen in ganz Deutschland. Die nächsthöhere Frau bei uns im Rathaus ist Kirsten Steffens als Fachbereichsleiterin für Stadtplanung und Bauaufsicht. Die drei Beigeordneten sind männlich, und die anderen Bereichsleiter auch. Im Übrigen haben wir auf der Abteilungsleitungsebene inzwischen einen Frauenanteil von 42 Prozent. Ich finde das so aber schon einen sehr guten Anfang.
Arbeiten mehr Frauen oder mehr Männer im Rathaus?
Parschau: Fast 400 Frauen und 264 Männer. Das Verhältnis ist also klar: mehr Frauen. Die aber eben nicht in Führungspositionen. Allein 100 der weiblichen Beschäftigten sind zudem im Erziehungsbereich tätig — ein Job, den Männer offenbar nicht so gerne machen, weil er ihnen vermutlich zu schlecht bezahlt wird.
Das klingt nach einem Klischee: Ist es wirklich so, dass Männer auf Karriere und Geld aus sind und Frauen sich damit abfinden?
Parschau: Tendenziell kann man heute noch davon ausgehen. Es wäre wünschenswert, wenn es anders wäre. Männliche Erzieher fände ich zum Beispiel toll.
Sind Sie in den Auswahlgesprächen dabei, wenn im Rathaus jemand eingestellt werden soll und können Sie die Flagge der Frauen hochhalten?
Parschau: Außer bei der Einstellung von Wahlbeamten bin ich dabei. Aber ich muss wirklich sagen, dass Frauen nicht grundsätzlich zu bevorzugen sind, nur weil sie Frauen sind. Ich bin der Meinung, dass die Qualifikation entscheidend ist. Wenn dann aber zwischen Mann und Frau die gleiche Qualifikation besteht, sollten Frauen eingestellt werden. Dies ergibt sich auch aus dem Landesgleichstellungsgesetz.
Sie beraten ja viele Frauen aus Meerbusch — geht es da dann auch schon ab und an um Gewalt gegen Frauen? Ist das in Meerbusch ein Thema?
Parschau: Gewalt gegen Frauen passiert auch bei uns, beschränkt sich nicht auf soziale Brennpunkte, sondern geschieht auch hinter den Mauern von Millionärsvillen. Gewalt hat weder etwas mit Einkommen noch mit Bildung zu tun. Wenn Frauen zu mir kommen, empfehle ich ihnen ein Gespräch in der Frauenberatungsstelle in Neuss oder eine bestimmte Hotline mit Hilfestellungen für diese Krisensituation.