Heldin der Tiere möchte in den Ruhestand

Hildegard Miedel, die Begründerin der „Arche Noah“ in Büderich, sucht einen Nachfolger

Foto: Bauer

Alle paar Minuten klopft jemand ans Fenster der Hütte. Mütter holen Kärtchen fürs Ponyreiten oder verlangen nach einem Becher mit Futter. Als ein chinesischer Vater eine Familien-Jahreskarte kauft, freut sich Hildegard Miedel. „Das tut gut“, sagt sie und kommt auf die vielen Schlagzeilen zu sprechen, die ihrem Lebenswerk schon galten: „Rettet die ,Arche Noah’“, ein Appell, der jedes Mal bitter nötig war.

Denn ohne Unterstützer ging es nicht. Das Überleben der Jugendfarm in Büderich ist allein Hildegard Miedels Einsatz zu verdanken. „Manchmal war es grausam schwer“, sagt sie. Aber aufgeben? Das kam nie in Frage. „Ich hatte immer Kampfgeist. Für die Tiere, denen ich ein Zuhause geben konnte. Und natürlich für die Kinder, die so gerne zu uns kommen.“ Seit ihrem zweiten Lebensjahr wohnt sie in Büderich, damals ein echtes Dorf. „Da gab es noch kein Meerbusch“, erzählt sie. Auf den Absender schrieb man: Büderich bei Düsseldorf. Ihr Vater war Arzt, baute in der Friedrich-Ebert-Straße ein Haus und richtete dort auch seine Praxis ein. „Zu seinem großen Patientenkreis gehörten viele Bauernfamilien“, erinnert sie sich. „Ich bettelte immer, er solle mich zu seinen Besuchen mitnehmen. Kühe, Schweine, die ganze bunte Schar auf dem Hof, das fand ich toll. Ich bin auch sofort losgeflitzt, wenn ich Eier holen durfte.“

Aber es gab noch eine zweite Leidenschaft. Hildegard, Schülerin in Neuss, schaute fasziniert den Steinmetzen zu, die das im Krieg beschädigte Münster restaurierten. „Sie schenkten mir einen professionellen Holzhammer und gaben mir schöne weiche Tuffsteine, damit ich zu Hause modellieren konnte“, berichtet sie. Und das tat sie, ausgiebig. Auch auf dem Gelände der „Arche Noah“ stehen Skulpturen von zwei ihrer vier Kinder. Wie gerne wäre sie damals auf die Folkwangschule gegangen!

Doch der Vater pochte auf einen ordentlichen Beruf. Hildegard fügte sich, wurde medizinisch-technische Assistentin und bereute es dann keinen Tag, weil sie ihre Arbeit in der Uniklinik beim legendären Herz-Professor Ernst Derra über alles liebte. Als sie Mutter wurde, nahm sie diese Aufgabe mit der gleichen Begeisterung an. Tiere spielten in ihrem Leben erst wieder eine Rolle, als sich die jüngste Tochter ein Pony wünschte und es von den Schwiegereltern auch bekam. Das Tier brauchte Auslauf, also pachtete Hildegard Miedel 1982 die erste Weide auf dem jetzigen Gelände. Aus einem Pony wurden zwei, bald gesellten sich andere Tiere dazu.

„Man brachte mir auch kranke Ziegen, Schafe und Kaninchen, damit ich sie gesund pflege“, erzählt sie. „Alle wuchsen mir ans Herz. Oft ließ man sie bei mir, weil es ihnen hier so gut ging.“ Ihr Mann, ein Diplom-Ingenieur, sah ihrem Treiben mit Skepsis zu. Das änderte sich, als er in Rente ging. Bis zu seinem Tod 2016 packte er in der „Arche Noah“ mit an. „Ohne ihn hätte ich das alles nie geschafft, es ist auch sein Lebenswerk“, betont sie. Aber der Motor war sie.

Jetzt würde sich Hildegard Miedel, die am 7. April ihren 84. Geburtstag feiert, gern zur Ruhe setzen. Aber noch ist kein Nachfolger in Sicht. „Das muss eine vielschichtige Persönlichkeit sein. Die Kinder und Tiere liebt, gern mit Besuchern umgeht, ein Gespür für Mitarbeiter hat und einen Wirtschaftsbetrieb leiten kann“, zählt sie auf. „Mal sehen, ob ich einen finde, der genauso verrückt ist wie ich.“