Serie Meerbusch Historisch Vierjähriger ertrinkt in hofeigener Mistgrube

Büderich · Die Großeltern kamen nach dem Unfall des Enkels vor Gericht ohne Strafe davon.

Dicht gedrängt standen die kleinen Häuser früher auf dem Brühl. Deren Bewohner waren froh, wenn sie täglich genug zum Leben hatten.

Foto: Stadtarchiv Meerbusch/Stadtarchiv Meerbusch/Repro Mike Kunze

In alten Zeiten war es nicht ungewöhnlich, dass Kinder starben. Die heute oft auf die leichte Schulter genommenen Kinderkrankheiten beendeten noch vor 120 Jahren so manches junge Leben. Aber auch Unglücksfälle hatten großen Anteil an der damals hohen Kindersterblichkeit. Ein Fall in Büderich im Jahr 1723 war besonders tragisch.

Schauplatz des Geschehens am 10. September 1723 ist ein Anwesen auf dem Brühl, das sich Schmidtshauß nannte und das Heim der Familie Schmidts war. Sie gehörte wohl zu den vielen ärmeren Kleinbauern oder Tagelöhnern in der Gegend. Zudem war der Familienvater ohnehin vom Schicksal geschlagen, weil seine Tochter Catharin Mutter eines unehelichen Kindes von Aleff Wenen gewesen ist. Immerhin war der Vater also bekannt und hat vielleicht auch seinen Nachwuchs unterstützt. Das allerdings half dem vierjährigen Sohn Mauritius Schmidt an diesem Tage auch nicht.

Offensichtlich hatte das Kind auf dem Hofgrund gespielt und im Baumgarten aufgehalten. Dort befand sich auch der „Mistpoel“, also wohl eine Grube, in welcher der Mist aus dem Stall gesammelt wurde, um später auf den Feldern oder im Garten verteilt zu werden um als Dünger zu dienen. Zugleich hatte sich hier auch Wasser gesammelt, vielleicht von einem zuvor erfolgten Regenguss. In diese unappetitliche Brühe stürzte Mauritius Schmidts jedenfalls mit dem Kopf voran. Die Brühe stand ausgerechnet an dieser Stelle zwei Fuß hoch, also etwa 60 Zentimeter, so dass der Junge darin ertrunken ist. Das jedenfalls stellten der herbeigeeilte Linner Schultheiß Erlenwein und die Schöffen Cosmann und Wolters vor Ort fest. Gemeldet hatte das Unglück Johann Reinartz vom benachbarten Schirmerhof.

Das Gericht erlaubte den Großeltern ohne weiteres, den Enkel aus seiner misslichen Position zu befreien und auf dem Gottesacker an der Kirche im Dorf zu bestatten, da der Unglücksfall offensichtlich war. Allerdings mussten sich die Großeltern noch streng ermahnen lassen, die Unfallstelle durch Zuschütten des Loches oder mit einen Zaun zu sichern, damit nicht noch ein anderes Kind dasselbe Schicksal erleiden könne. Zugleich stellten die Richter klar, dass durch dieses Versäumnis die Großeltern Schuld am Tode ihres Enkels trügen. Die jedenfalls bekräftigten, dass sie damit wirklich nicht gerechnet hätten und baten darum, nach dem Unglück nicht noch mit einer Strafe belegt zu werden.

Offenbar hatten sie Glück, denn in den historischen Linner Gerichtsakten findet sich kein Hinweis mehr auf eine in solchen Fällen übliche Geldstrafe. Die Warnung war übrigens nicht unnötig, denn 1730 ereilte eine Viehmagd des Cornelius Schmittmanns in Oberkassel, das auch zum Amt Linn gehörte, dasselbe Schicksal. Auch Schmittmanns wurde aufgefordert, seinen Mistpfuhl abzusichern – auch im Interesse seiner Kinder.