Ilverich: Moderne Medizin ins Rollen bringen
Porträt: Martin Jörgens reist regelmäßig mit einer mobilen Zahnarzt-Praxis durch die Welt.
Ilverich. Die Flying Doctors in Australien waren sein Kindertraum, eine Geschichte über Ärzte, die per Hubschrauber zu ihren Patienten eilen und Leben retten. Gut 25 Jahre später hat Martin Jörgens die Kindheitsphantasie auf seine Art verwirklicht: Der promovierte und habilitierte Zahnmediziner aus Ilverich arbeitet seit zwölf Jahren als Outdoor-Mediziner.
Sein Beruf und die Leidenschaft für Rennsport und Technik führten Martin Jörgens auf alle Kontinente: Ein Patient ebnete ihm den Weg aus seiner Praxis in Kaiserswerth ins Begleitteam der Camel-Trophy und des Nachfolgers, der G4Challenge. Jörgens war der zahnmedizinische Fachmann in einem mehrköpfigen, internationalen Mediziner-Team, dass die Geländewagen-Tour begleitete - erstmals 1997.
Geschwindigkeit, Geschicklichkeit, Improvisationstalent und körperliche Fitness sind nicht nur bei den Trophy-Fahrern gefragt, sondern auch beim Professor. Der reist mit einer mobilen OP-Einheit, einer Ausrüstung in Aktenkoffergröße: Bohrer und Skalpell, Laser und Leuchte, Sprays und Absauger, Salben und Pillen.
Manche Geräte, erzählt Jörgens, wurden exakt auf seine Anforderungen hin entwickelt. "Ich kann damit in jedem Land auf jedem Kontinent arbeiten - über den 12 Volt Zigarettenanzünder im Wagen." Probleme bereiten seit 2001 die verschärften Sicherheitsbestimmungen: 90 Kilo Handgepäck und scharfe medizinische Geräte sind seitdem tabu. Die haben keine Auswirkungen auf seine Besuche in Kindergärten, Schulen oder Altenheimen: Auch dort rollt er mit seiner mobilen Praxis in seinem orangefarbenen Landrover vor, um aufzuklären oder zu helfen.
"Es ist meine Passion, meinen Beruf auch außerhalb der Praxis ausüben zu können", sagt der 46-Jährige. In der Mongolei, in Laos oder Bolivien anhand von GPS-Daten den Weg zum mobilen OP zu finden, das reizt ihn.
Jörgens sieht sich und seine Medizinerkollegen aber nicht nur im Einsatz für die Tourteilnehmer. In den Dörfern am Rande der Strecke kümmere man sich auch immer wieder um Einheimische. Dabei assistiert Jörgens schon mal seinem Chirurgen-Kollegen bei einem Eingriff, und genießt es, neue Erfahrungen zu sammeln.
"Wir bringen moderne Medizin und Technik in diese Länder." Wahrscheinlich, so Jörgens, habe ein Kind in Bolivien nur überlebt, weil die mobilen Ärzte die Lungenentzündung erkannten und Antibiotika gaben. Die Tour-Teilnehmer haben Busse aus Gräben gezogen, die eigenen Wagen aus Matsch oder Sand freigeschaufelt, sie sind über spitze Steine, durch Flüsse und ausgetrocknete Flussbetten gefahren.
Jörgens liebt diese Abenteuer, will seine Leidenschaft mit sozialem Engagement verbinden. Als junges Mitglieder des Vereins "Ärzte helfen" unterstützt er ein Projekt im Sudan. Dessen Idee: Europäische Autos werden ins Land gefahren, dort verkauft und der Gewinn in medizinisches Gerät investiert. Chancen auf seine Aufmerksamkeit haben aber ebenso ein Tischtennisclub in Duisburg wie zuletzt der Goldschwimmer Paul Biedermann. Bei den Olympischen Spielen in Peking waren Martin Jörgens und sein Kaiserswerther Geschäftspartner Marcel Wainwright mit Bohrer und Zange zur Stelle, und sie werden es auch 2012 in London sein.
Nachdem die Trophy aktuell Pause macht, hat sich der Ilvericher für diesen Herbst ein neues Ziel gesetzt, auf das er sich joggend und radfahrend vorbereitet: den Aufstieg zum Gipfel des Kilimandscharo.