„Jedes Semester an der VHS ist anders“
Ingrid Terrana-Kalte, langjährige Leiterin der VHS, im Abschiedsinterview.
Frau Terrana-Kalte, 18 Jahre haben Sie die Volkshochschule Meerbusch geleitet, 42 Jahre waren Sie dort tätig. Welche Entwicklungen beobachten Sie?
Ingrid Terrana-Kalte: Seit 1998 — damals begann meine Tätigkeit als Leiterin — wurden viele neue Programmpunkte aufgenommen. Beispielhaft dafür ist die Einrichtung der Meerbuscher Tisch-Gespräche. Bürger trafen sich unter anderem mit Werner Schmalenbach, ehemaliger Direktor der Kunstsammlung Düsseldorf, oder dem Meerbuscher Trüffel-Papst Ralf Bos mittags in einem Restaurant, um sich abseits des Klassenraums auszutauschen. Bereits 2004 haben wir das Thema Alter aufgegriffen. Und wir waren es auch, die Kontakt zu Meerbuscher Unternehmen aufgenommen haben. Als Resultat haben wir beispielsweise gemeinsam mit Epson Deutschland Konzepte erarbeitet. Die Sommerakademie, die es seit 2003 gibt, wurde um Bildhauer-Kurse erweitert und die VHS Meerbusch ist auch Ausgangspunkt des 2005 gegründeten Vereins „Jugend braucht Zukunft“. Dem Meerbuscher Peter Schulze wurde als Initiator dieses deutschlandweiten Erfolgsprojekts das Bundesverdienstkreuz verliehen. Mit Berthold Grebe, ab sofort kommissarischer Leiter der VHS, arbeite ich seit 1990 eng zusammen. Ich bin überzeugt, dass er diesen Weg erfolgreich weitergehen wird.
Nach welchen Kriterien setzt sich das Kursangebot zusammen? Was hat sich nicht bewährt?
Terrana-Kalte: Das Angebot wird der Nachfrage angepasst. Jedes Semester ist anders. Neue Kurse sind immer ein Versuch, da kann man keine Regel aufstellen. Wassergymnastik zum Beispiel ist der Super-Renner, früher gab es schon am Abend vor dem Anmeldetermin lange Warteschlangen und immer eine Warteliste. Da wir uns dem Zeitgeist anpassen und auf Kontinuität gepaart mit News setzen, gibt es keine Kurse, die sich nicht bewähren.
Meerbusch hat eine besondere Bevölkerungsstruktur. Gestaltet sich die Arbeit der VHS hier schwieriger?
Terrana-Kalte: Die Bevölkerung ist ein wichtiger Faktor. Die Meerbuscher sind dankbar, aber auch anspruchsvoll. Wir sind stets bemüht, diesem Anspruch gerecht zu werden. Denn letztendlich spielt die VHS auch als weicher Standortfaktor eine nicht unerhebliche Rolle. Heute ist es schwierig, junge Frauen anzusprechen. Sie sind sehr in Beruf, Familie und Freizeit eingebunden und haben wenig Zeit. Aber der soziale Faktor bleibt trotz des Social-Media-Netzes wichtig. Deshalb denke ich, die Herausforderung der Zukunft wird es sein, entsprechende Formate zu finden — stets unter der Berücksichtigung: Was braucht die Gesellschaft aktuell, wie kann ich das vermitteln?
An welchen Kursen haben Sie selbst teilgenommen?
Terrana-Kalte: Ich habe zahlreiche Einzelveranstaltungen in den verschiedenen Fachbereichen besucht und unter anderem am Russisch-Unterricht teilgenommen. Ich wollte erleben, wie man sich als Teilnehmer fühlt. Und beim Coaching für „Jugend braucht Zukunft“ war ich ebenfalls dabei. Aber ich habe auch während der gesamten Zeit unterrichtet. Den von mir 1985 gegründeten Italienisch-Kurs gibt es noch heute. 13 Teilnehmer gehören dazu, darunter sind einige treue Schüler wie Hedi Heilbronn aus Osterath. Sie ist in Meerbusch mit 91 Jahren die älteste VHS-Teilnehmerin.
Wie sehen Sie die Entwicklung des Hauses?
Terrana-Kalte: Als wichtiger Bestandteil des Bildungssystems passt sich die VHS den ständigen Veränderungen an. Deshalb ist unsere Arbeit gewissermaßen ein Spiegelbild der Gesellschaft. Unser Hauptziel ist es, frühzeitig den Zeitgeist zu erfassen und die Erkenntnisse in angepasster Form umzusetzen.