Kabarett: Am Rande des Herzinfarkts
Tobias Mann ist im Wasserturm „durch den Wind“.
Lank. Seit sieben Jahren steht Tobias Mann auf der Bühne. In diesem relativ kurzen Zeitraum hat er bereits alle wichtigen Kleinkunstpreise gewonnen und ist in den Kabarettsendungen im Fernsehen Stammgast. Ihn daher als Nachwuchstalent zu bezeichnen, wäre sicher fehl am Platz. Mit „Durch den Wind“, seinem dritten Programm, stößt der Mainzer jedoch in neue Sphären vor.
Um seine ohnehin intelligenten, einfallsreichen und dennoch stets witzigen Inhalte noch effektvoller zu transportieren, schlüpft Mann in die Rolle des hibbeligen Hysterikers, der sich scheinbar nicht zwischen Herzinfarkt und Nervenzusammenbruch entscheiden kann. Die Wortsalven, mit denen er das Publikum ohne Punkt und Komma malträtiert, dulden keine Pause, schon gar kein Luftholen. Sein Blick schweift nie gedankenverloren umher, sondern ist immer fixiert auf die Zuschauer, meist auf ausgewählte Opfer in der ersten Reihe. Denen mag bisweilen angst und bange werden, denn es manifestiert sich der Eindruck: Der Mann ist doch komplett wahnsinnig.
Der offensichtliche Adrenalin-Junkie wirft dabei mit Statistiken um sich, die er selbst manipuliert hat, lacht mit dem und über das Publikum, singt, spielt Gitarre oder Klavier und gräbt nebenbei auch über den langweiligsten Politiker noch amüsante Anekdoten aus. Nur hin und wieder verhaspelt er sich, was ihm bei dem rasanten Tempo jedoch jeder gerne verzeiht — Frauen besonders, wie es scheint, denn der Kreischfaktor im Forum Wasserturm ist hoch.
Am besten charakterisiert das Lied vom Leid mit heimwerkelnden Gartenfreunden in seiner Nachbarschaft das fragile Innenleben des paranoiden Neurotikers, den Mann perfekt verkörpert. Wenn am Samstag die Sehnsucht nach Ruhe groß ist, stattdessen aber der Lärmpegel von Rasenmäher, Laubbläser oder Hochdruckreiniger geprägt wird, malt sich der gepeinigte Kabarettist genüsslich aus, wie er mit der Kettensäge dem Krach der Werkzeuge ein blutiges Ende setzt.
Eigentlich ist Mann ja nur ein Clown, der niemandem etwas Böses will. Man darf ihn halt nur nicht reizen.