Korruption: Meerbusch hat aus leidvoller Erfahrung gelernt

Chinesische Delegation trifft Kämmerer Fiebig.

Büderich. "Keine Festungsmauer kann hoch genug sein, als dass ein mit Gold beladener Esel sie nicht besteigen könnte." Wenn Stadtkämmerer Helmut Fiebig den makedonischen König PhilippII. zitiert, dann muss es sich um einen besonderen Anlass handeln. Eine 20-köpfige Delegation aus Schanghai ließ sich jetzt in der Kämmerei erklären, wie sich die Stadtverwaltung gegen Bestechungsversuche, Untreue im Dienst und Korruption wappnet. Da passte die Einschätzung des Makedonenkönigs: Korruption ist ein ebenso historisches wie internationales Phänomen.

"Die chinesischen Behörden möchten Korruption in der öffentlichen Verwaltung einen Riegel vorschieben", so Helmut Fiebig. Dabei bediene man sich auch westlicher Erfahrungen. Meerbusch gelte in Sachen Korruptionsvorbeugung als vorbildlich und effektiv.

Fiebig, Mitautor des Buches "Korruption und Untreue im öffentlichen Dienst", ist als Kapazität bundesweit bekannt. So war der Besuch der Chinesen aus dem 800000 Einwohner starken Schanghaier Stadtbezirk Baoshan im vergleichsweise kleinen Meerbusch kein Zufall.

Ein klassisches Angriffsfeld für Bestechungsversuche ist die Bauverwaltung. Die Sensibilität dafür gilt in den Meerbuscher Verwaltungsbüros spätestens seit dem 1997 aufgedeckten Fall des damaligen Technischen Beigeordneten als ausgeprägt: Als Gegenmaßnahmen wurde eine zentrale Submissionsstelle eingerichtet, in der Angebote nach dem "Viele-Augen-Prinzip" bearbeitet werden. Das Rechnungsprüfungsamt überwacht Vergaben mit Argusaugen, die Dienstanweisung wurde verschärft. "Die Aufgaben bei der Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen haben wir auf viele Schultern verteilt", erklärte Fiebig seinen Gästen. Außerdem können vor der so genannten Submission kurzfristig Personal ausgewechselt oder das Rechnungsprüfungsamt (RPA) hinzugezogen werden.

Die chinesischen Besucher staunten vor allem über die Kompetenzen und Rechte, die das RPA als direkt dem Rat und nicht dem Bürgermeister unterstellte Behörde in Meerbusch genießt.

Meerbuscher Verwaltungsknowhow kommt bei Kollegen aus Fernost offenbar grundsätzlich gut an. 2006 hatten sich 22 Standesbeamte aus der Region Peking bei den Meerbuscher Experten über die Feinheiten des deutschen Eheschließungs- und Scheidungsrechts aufklären lassen.