Landwirt gibt seine Milchkühe ab
Die europäische Politik mit ihren niedrigen Milchpreisen wirkt sich bis auf den Hof von Stephan Münks in Lank-Latum aus.
Der Hof von Bauer Stephan Münks war bislang das perfekte Gegenmodell zu den riesigen Stallungen der Agrarindustrie. Der 52-Jährige hielt am Waldweg in Latum nicht hunderte Kühe und Rinder, lediglich exakt 56 Tiere lebten auf dem beschaulichen Hof und grasten zur Freude der Spaziergänger auf der riesigen Wiese, auf der man mühelos 20 Fußballfelder unterbringen könnte. Damit ist es nun aber vorbei. Zum letzten Mal hat er seinen Milchkühen eine Gabel Heu zu fressen geben — und sie dann an einen Kollegen verkauft. Der Latumer Landwirt hat mit Ende der Weidesaison die Milchwirtschaft aufgegeben. Damit ist in dem Dorf eine Ära zu Ende gegangen.
Leicht ist ihm die Entscheidung nicht gefallen, seine Kühe aufzugeben und stattdessen als Gartenbauer zu arbeiten. Es ist die riesige Diskrepanz zwischen Arbeit und Erlös, die ihn zur Aufgabe gezwungen haben. „Angesichts der Globalisierung und des Preisverfalls der Milch auf dem Markt hatte ich aber keine andere Wahl. Es ist eine rein wirtschaftliche Entscheidung“, sagt er. Bislang kam er mit der Milchviehwirtschaft nur über die Runden, weil er niedrige Kosten hat. Doch mit dem weiteren Verfall des Preises kommt er nicht einmal auf den Mindestlohn von 8,50 Euro. Lediglich 28 Cent gibt es als Grundpreis pro Liter. „Vor kurzem, als die Chinesen begannen Milch zu trinken, waren es noch 45 Cent“, sagt er. Doch der Milchpulver-Markt in Asien ist auch eingebrochen.
Stephan Münks, Landwirt
Lange hatte Münks nach Möglichkeiten gesucht, sein Vieh behalten zu können und verschiedene Varianten durchgespielt. Zur Diskussion standen der Kauf eines Gerätes zur Pasteurisierung der Milch und die Selbstvermarktung. Dann hätte er auf dem Hof Eis, Käse und Joghurt verkaufen können. Doch das hätte einen riesigen personellen Apparat nach sich gezogen, den er nicht aufzubauen bereit war.
Gerne wäre er auf biologischen Betrieb umgestiegen, doch die Vertriebswege waren ihm zu lang. „Anständige Preise für Biomilch werden in Bayern gezahlt, doch der Transport dahin ist zu teuer. Das wäre nur möglich, wenn sich mehrere Bauern in der Region zu einer Kooperative zusammenschließen würden.“ Überhaupt nicht in Frage kam für Stephan Münks die Möglichkeit, in einen großen Stall mit mehreren hundert Kühen zu investieren. „Ich bin 52 Jahre alt. Ich würde kaum erleben können, dass sich ein eine halbe Million Euro teurer Stall steuerlich und betriebswirtschaftlich rechnet.“
Dazu kommt, dass seine Kinder andere Ambitionen haben und den landwirtschaftlichen Betrieb des Vaters nicht weiterführen wollen. So ganz will er aber nicht auf seine Tiere verzichten. „Das kann ich nicht“, sagt er. Und so wird es weiterhin Hühner, ein paar Kühe, die Milch für den Eigenbedarf liefern, und Jungvieh für die Aufzucht geben. Um die kümmert er sich nach Feierabend, nach seinem Job als Gartenbauer.
In Meerbusch gibt es jetzt noch drei Bauern, die Milchkühe halten: Stefan Leuchten in Ilverich besitzt 65, Thomas Norf in Lank 250 und Wilhelm Stocks in Osterath zehn Tiere. Laut Leuchten gab es in den 60er Jahren alleine in Ilverich sieben bis acht Betriebe mit Milchkühen.
„In Meerbusch wird alleine Thomas Norf überleben“, sagt Stefan Leuchten, der im Sommer auch seine Tiere abschaffen will. „Bei dem aktuellen Milchpreis bleibt mir nichts anderes übrig.“