Langst-Kierst: Anwohner erwägen Klage
Der Streit um das geplante Mehrfamilienhaus auf dem Gelände des früheren Reiterhofs an der Langster Straße hält an. Die Stadt soll nun mit dem Eigentümer verhandeln.
Der geplante Neubau eines Mehrfamilienhauses mit zehn Wohneinheiten und zwölf Parkplätzen auf dem Gelände des früheren Reiterhofs von Heike und Franz-Josef Münker an der Langster Straße sorgt weiter für Wut und Ärger bei den Anwohnern. Die Langst-Kierster fürchten nicht nur einen durch viel Beton gestörten Blick auf die alte Kirche und den damit einhergehenden Verlust des historisch-dörflichen Charakters im Ort. Auch die Angst, dass die neuen Eigentümer eine rechtliche Grauzone ausnutzen könnten, um später noch weitere Gebäude auf dem Hofgelände zu errichten, steht weiter im Raum.
Hans Werner Schoenauer, CDU
Im Ausschuss für Planung- und Liegenschaften haben die Nachbarn ihrem Frust Luft gemacht. Jürgen Peters von den Grünen, die eine entsprechende Anfrage an die Verwaltung auf die Tagesordnung gebracht hatten, brachte die Lage auf den Punkt: „Ich hab’ erst gedacht, das Ganze sei eine harmlose Sache, jetzt bin ich sicher — da steckt Sprengstoff drin!“
Fakt ist: Für das Hofgelände existiert kein Bebauungsplan. Was, wie und wo der Eigentümer dort bauen darf, richtet sich deshalb nach dem Baugesetzbuch. Das wiederum unterscheidet nach Vorhaben innerhalb und außerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile. Heißt: „Innerhalb“ ist ziemlich viel möglich, „außerhalb“ dagegen wird’s für den Bauherrn kompliziert.
Der nördliche Teil der Hofanlage, auf dem derzeit der Stall steht, der für das neue Mehrfamilienhaus abgerissen werden soll, befinde sich klar im Innenbereich, sagt nun die Verwaltung. Und: Die gegenüberliegende Wohnbebauung, zu der auch ein Mehrfamilienhaus gehört, gebe vor, was auf der Hofanlage baulich — in Bezug auf Gebäudehöhe und Flächenüberbau — möglich ist.
Das wollen die Anwohner so nicht gelten lassen. „Das bestehende Mehrfamilienhaus, das die Stadt hier als optischen Maßstab anführt, steht keineswegs direkt gegenüber des Hofes“, sagt eine Nachbarin. „Gegenüber gibt es das Küsterhaus und ein freistehendes Einfamilienhaus. Das besagte Mehrfamilienhaus ist von dort aus gar nicht zu sehen.“
Dass sich das Ortsbild mit einem Mehrfamilienhaus an besagter Stelle verändern würde, räumt die Verwaltung ein. „Die Sichtachsen in Richtung Gutshof und Kirche werden eingeschränkt“, sagt Michael Assenmacher, Technischer Dezernent. Für die Langst-Kierster ist allerdings genau das das Problem.
„Wir haben nichts dagegen, dass gebaut wird, und wollen auch nicht die Entstehung von neuem Wohnraum verhindern“, betont Hans Werner Schoenauer (CDU). „Aber hier geht es um einen klassischen niederrheinischen Vierkanthof, der für Langst-Kierst ortsbildprägend ist. Der Neubau, so wie er jetzt geplant ist, macht das Ortsbild kaputt, dabei ließe sich der Hofcharakter sicher erhalten, wenn der Investor das denn so haben will.“
Fest steht, dass das ehemalige Herrenhaus unter Denkmalschutz steht. Dass sich dieser nicht auf den gesamten Vierkanthof nebst der Toranlage bezieht, wurde vom Ausschuss am Dienstag infrage gestellt. Kirsten Danes, Rechtsanwältin und sachkundige Bürgerin der FDP-Fraktion, hat beim Bereich „Denkmalschutz und Denkmalpflege“ der Stadt eine schriftliche Anfrage mit Bitte um Überprüfung gestellt.
Derzeit liegt die Bauanfrage für das Mehrfamilienhaus bei der Verwaltung. Unklar ist auch, ob die später errichtete Reithalle, die hinter dem jetzigen Stall liegt, noch zum baurechtlichen Innen- oder bereits zum Außenbereich gehört. Die Rechtsprechung sei diesbezüglich nicht eindeutig, erklärte Kirsten Steffens, Fachbereichsleiterin für Stadtplanung. „Wir haben deshalb die Befürchtung, dass hinter dem jetzt geplanten Gebäude noch weitere Wohnbebauung entsteht“, sagt Schoenauer.
Dezernent Assenmacher sieht den Ball derweil im Feld der Anwohner. „Die Verwaltung ist überzeugt, dass das Vorhaben nach den Vorgaben des Baugesetzbuchs rechtens ist. Im Zweifel müssen die Anwohner klagen.“ Dass die Nachbarn dazu bereit wären, haben sie am Dienstag klargestellt. Der Ausschuss hat die Stadt beauftragt, mit dem Investor zu verhandeln. Er soll sich verpflichten, die Struktur des alten Hofes — sollte es zum Neubau kommen — ortsbildwahrend wiederherzustellen.