Gesellschaft in Meerbusch Deutliche Worte beim Frühjahrsempfang

Meerbusch · Beim Frühjahrsempfang forderte Christian Bommers „keine Denkverbote“ bei den Finanzen. Zu Gast waren auch Vertreter der Partnerstädte.

Bürgermeister Christian Bommers schwor die Stadtgesellschaft auf harte Zeiten ein.

Foto: RP/Dominik Schneider

Zum zweiten Mal fand am Samstag der Frühjahrsempfang der Stadt Meerbusch auf dem Areal Böhler statt. Im Industriecharme der Halle am Wasserturm begrüßte Bürgermeister Christian Bommers geladene Gäste aus Verwaltung und Politik, Ehrenamt, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Die Halle war frühlingshaften geschmückt, um dem Motto des Tages gerecht zu werden: zum Beginn des Jahres die Menschen, die sich für Meerbusch einsetzen, positiv gestimmt zusammenzubringen.

Den Tatsachen lokal wie global entsprechend, fand Bürgermeister Bommers in seiner Ansprache jedoch auch deutliche Worte. „Nur zu gern atmen wir am Ende des Winters auf, planen das junge Jahr und hoffen zuversichtlich auf das Beste. Doch nach wie vor gehen uns die schrecklichen Bilder des Krieges in der Ukraine nicht aus dem Kopf“, so Bommers. Man fühle sich machtlos – doch auch eine kleine Kommune wie Meerbusch muss in dieser Situation Haltung beweisen – und das habe man in den vergangenen Monaten getan.

Vertreten waren Generalkonsule der drei Partnerstädte

Seit einigen Wochen verbindet Meerbusch mit der ukrukrainischen Stadt Fastiv die dritte offizielle Städtepartnerschaft – und aus allen drei Partnerstädten waren nicht nur Vertreter des interkulturellen Austausches, sondern auch die Generalkonsule der jeweiligen Länder zum Frühjahrsempfang gekommen. Iryna Shum, Generalkonsulin der Ukraine in Düsseldorf, sprach ihren Dank im Namen ihrer rund 600 Landsleute aus, die vor dem Krieg nach Meerbusch geflohen sind. „Wir stehen zusammen. Die neue Partnerschaft zwischen Meerbusch und Fastiv gibt Kraft und Hoffnung“, so Shum.

Wegen der politischen Situation in der Ukraine musste der Freundschaftsvertrag zwischen den beiden Städten Anfang Februar dieses Jahres per Videokonferenz unterzeichnet werden. Aus Meerbusch – vor allem mit Unterstützung des Vereins „Meerbusch hilft“ – sind bereits zahlreiche Spendentransporter in die Ukraine aufgebrochen, unlängst hatte die Stadt auch ein Fahrzeug aus dem eigenen Fuhrpark nach Fastiv geschickt. „Dieser Austausch soll jedoch keine Einbahnstraße sein, und wir wollen auf Augenhöhe zusammenarbeiten“, so Bommers.

Auch Vertreter aus Meerbuschs anderen Partnerstädten kamen zu Wort. 11 000 Flugkilometer trennen die Stadt am Rhein von Shijonawate in der Präfektur Osaka in Japan. „Die Entfernung ist riesig und die kulturellen Unterschiede sind groß, aber unsere Städte haben viele Gemeinsamkeiten“, sagt Japans Generalkonsulin in NRW, Setsuko Kawahara. Beides seien lebenswerte, grüne Orte neben großen Industriestädten. „Für diesen Austausch muss man nicht nach Japan fliegen, der aktive Freundeskreis bringt ihn auch hierher“, so Kawahara, die alle Meerbuscher auch zum traditionellen Kirschblütenfest im April einlud.

Zum ersten Mal in Meerbusch war der französische Generalkonsul Etienne Sur, der im Namen der Partnerstadt Fouesnant die Bedeutung der Völkerverständigung – auch mit Blick auf den Ukrainekrieg – hervorhob. „In der schwierigen Lage nach dem Weltkrieg brauchte es die Impulse unserer Regierungen, aber gewachsen ist die Freundschaft über die Jahrzehnte aus der Zivilgesellschaft“, so Sur. „Nichts wäre schlimmer, als zu behaupten, dass Freude und Freundschaft gegeben sind. Das müssen wir auch der jungen Generation vermitteln.“

Die Konsule Etienne Sur, Iryna Shum und Setsuko Kawahara (v.r.) waren als Vertreter der Partnerstädte nach Meerbusch gekommen.

Foto: RP/Dominik Schneider

Neben der Freundschaft mit den Partnerstädten ging es in Bommers Rede auch um die Lage in Meerbusch. Diese ist geprägt vom wachsenden Schuldenhaushalt und nötigen Investitionen. „Wir müssen Prioritäten setzen, uns eingestehen, dass Wünschenswertes teils nicht möglich ist. Bei der Konsolidierung unserer Finanzlage darf es keine Denkverbote geben“, so der Bürgermeister. Bei der zusätzlichen Belastung durch die Unterbringung von Geflüchteten komme „das Ende der Fahnenstange näher“.

Bommers warb jedoch auch für Verständnis in der Bevölkerung, welches er auch wahrnehme. „Derweil werden überall im Land die Hardliner immer dreister, die Schamgrenze sinkt in Taten und Worten. Ich habe das Abdriften nach rechts satt – so etwas hat keinen Platz in unserer Stadtgesellschaft.“ Entsprechend gefreut hat sich der Bürgermeister über die Rege Teilnahme an der Kundgebung, die unter anderem vom Bündnis „Meerbusch gegen rechts“ im Februar organisiert worden war.

Für Musik sorgten Tom Suckow und Wiljo Pfeifer sowie die „Crashband“ der Musikschule unter Leitung von Ramon Keck.

Foto: RP/Dominik Schneider

Bereits beim Frühjahrsempfang des vergangenen Jahres hatte Bommers mit Sorgen auf die Lage geblickt. „Und die Situation hat sich seither nicht verbessert – in Meerbusch und in der Welt.“ Dennoch dürfe man nicht „die Flinte ins Korn werfen“, sondern müsse daran Arbeiten, die Versäumnisse der Vergangenheit aufzuholen. Mit einem Zitat von Wolfgang Schäuble schwor er die Meerbuscher Gesellschaft auf die kommenden Monate ein: „Der Fortschritt ist kein Selbstläufer, sondern harte Arbeit.“ Und mit Arnold Schwarzenegger: „Die Leiter des Erfolgs kann man nicht mit den Händen in den Hosentaschen erklimmen.“