Landwirtschaft in Osterath Ein Huhn, das die Freiheit liebt

Osterath · Eines der 450 im Hühner-Mobil in Osterath gehaltenen Tiere büxt immer wieder aus. Dann tummelt es sich an Supermarkt-Parkplätzen oder der Bushaltestelle und wird dabei häufig von Passanten fotografiert.

Walter Schuhen (l.) begegnet dem Huhn immer wieder in der Nachbarschaft. Wie es ausbüxt, kann sich Alexander Roos (r.) nicht erklären.

Foto: Monika Götz

Ein Huhn ist ein Herdentier. Es ist sehr selten Einzelgänger und fühlt sich nur in Gesellschaft wohl. Und dort kommt auch die Kommunikation nicht zu kurz. Das ist wichtig, denn Hühner sind soziale Wesen. Das Huhn aber, um das es hier geht, stellt diese vielfach belegte Feststellung auf den Kopf. Denn eigentlich gehört es zu den rund 450 Hühnern aus der beliebten Zuchtlinie Lohmann-Brown, die im und um das Hühner-Mobil in Osterath leben.

Das Mobil steht auf einer knapp 12 000 Quadratmeter großen, von Bauer Roos gepachteten Wiesenfläche nahe des Supermarkt-Parkplatzes. Alle sechs Wochen wird es umgestellt. Im Inneren des Hühner-Mobils gibt es für das Federvieh Futter und Wasser. „Die Tanks werden automatisch befüllt und wenn die Hühner dieses Geräusch hören, kommen sie in das Mobil, um Körner zu fressen“, erklärt Alexander Roos. Seine Familie betreibt das Hühner-Mobil, in dem die Eier gelegt werden.

Der Junior kontrolliert,
ob es den Hühnern gut geht

Der Junior ist für diesen Standort zuständig und kontrolliert genau, ob es den Tieren gut geht: „Es gibt eine gewisse Hackordnung, bei der einige Hühner ganz unten stehen – deshalb muss das eine oder andere Huhn Federn lassen. Wir helfen mit Methionin, einem Nahrungsergänzungsmittel, dem Federwachstum nach.“ Roos betont auch, dass die Hühner entwurmt und geimpft werden.

Regelmäßig entwischt dieses Huhn aus dem Hühner-Mobil von Bauer Roos und spaziert durch Osterath. Dann sieht man es an Bushaltestellen, Parkplätzen – oder wie hier auf dem Weg zum Einkaufen.

Foto: Walter Schuhen

An dieser Luxus-Behandlung hat ein Huhn ganz offensichtlich aber kein Interesse, wie Walter Schuhen regelmäßig bemerkt. Der Projektmanager wohnt mit seiner Frau ganz in der Nähe und begegnet dem Huhn beim Gang zum Bäcker oder an der Bushaltestelle häufig. „Es läuft auch oft auf den Parkplätzen herum oder steht bei mir vor der Haustür.“ Dann fotografiert er das Huhn in seiner ungewöhnlichen Umgebung, kauft auch gerne die neben der eingezäunten Fläche in einem ausrangierten Bus per Frische-Automat angebotenen Eier aus der Freilandhaltung. Regelmäßig sorgt das freiheitsliebende Huhn für ein Schmunzeln, wann immer er dem Tier begegnet. „Aber ich kann auch verstehen, dass sich Menschen Sorgen machen, dass das Huhn vor ein Auto laufen könnte.“

Auch mit dem Bus möchte das eigenwillige Huhn offensichtlich gerne einmal fahren.

Foto: Walter Schuhen

Deshalb gab es auch Kontakt mit der Polizei. „Ich habe mir das angesehen, vier Hühner waren aus dem Gehege herausgekommen. Jetzt ist der Zaun gesichert. Aber dieses eine Huhn ignoriert einfach alles“, sagt Alexander Roos. Wenn er sich diesem Huhn nähert, sucht es das Weite. „Gehen Sie mal vor“, fordert er Walter Schuhen auf. Das Tier ist in Reichweite, lässt sich aber nicht so fangen, wie das Exemplar, das für das Foto herhalten musste. Dabei erzählt Roos schmunzelnd: „Ich hatte es zwei-, dreimal gefangen und in die Umzäunung gebracht. Aber es büxt immer wieder aus – wahrscheinlich zwängt es sich unter dem Drahtzaun durch. Dieses Huhn ist schlauer als die anderen und offenbar auch schlauer als wir.“

Wo dieses noch namenlose Huhn eigentlich schläft, weiß niemand. „Die Nahrung sucht es sich selbst, es ist ja ein Vogel“, sagt Roos. Die restlichen, circa 450 Gefährtinnen sind im Hühner-Mobil zu Hause. Dort wird alle zwei Wochen 750 Kilo Futter nachgefüllt. Dieses Leben führen die Hühner knapp zwei Jahre: „Wir könnten sie auch in die Mauser, den Federwechsel, schicken. Aber dafür müssten sie eingesperrt werden, und das wäre für diese Tiere, die ihr Leben im Freien verbringen, sehr schwierig. Und es wäre mit hohen Verlusten verbunden. So werden sie nach diesem Zeitraum geschlachtet.“

Doch bis dahin scheint es den Tieren dort offensichtlich gut zu gehen. Das lässt sich nicht nur aus dem lauten Gegacker und den Pickern des Federviehs an Schuhen und Beinen schließen. Roos sagt, dass auch der ungewöhnliche Eier-Verkauf im Bus nebenan gut angenommen wird: „Und wenn einige übrig bleiben, verschenken wir sie an die Tafel oder ,Meerbusch hilft’.“

Wo aber das renitente Huhn seine Eier legt, weiß niemand. „Ich würde gern diese speziellen Eier kaufen“, sagt Walter Schuhen und lacht.

(mgö)