Bauprojekt in Meerbusch Doch keine Klage gegen den Konverter

Meerbusch · Die Mehrheit der Politiker hat gegen juristische Schritte gegen den Kreis gestimmt, bleibt aber bei der Ablehung des Großprojekts.

 Der Rat hat mehrheitlich beschlossen, die Genehmigung des Konverters durch den Kreis nicht anzugreifen.

Der Rat hat mehrheitlich beschlossen, die Genehmigung des Konverters durch den Kreis nicht anzugreifen.

Foto: RP/Dominik Schneider

Die Politiker aller Parteien des Meerbuscher Rates haben sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, und bis zuletzt bestand auch innerhalb der Fraktionen teils kein Konsens. Aber nun ist das Abstimmungsergebnis da, und die Entscheidung steht: Die Stadt Meerbusch wird gegen den Konverter, den der Energienetzbetreiber Amprion südlich von Osterath bauen wird, keine Klage einreichen. Bis zuletzt hatte die Stadt im Streit um das Großprojekt ihr Einvernehmen verweigert, im November hatte der Rhein-Kreis Neuss dieses dann ersetzt und Amprion die Genehmigung erteilt. Nur wenige Tage später begannen auf der Fläche zwischen den Feldwegen Im Siep und Alte Landwehr die Vorarbeiten für die Einrichtung der Baustelle.

Im Vorfeld hatte sich die Stadtverwaltung kämpferisch gegeben, die möglichen juristischen Wege und Erfolgsaussichten geprüft. Nun aber wird es nicht so weit kommen – Grund sind vor allem die Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens, die Bürgermeister Christian Bommers in der letzten Ratssitzung des Jahres als „sicherlich fraglich“ beschreibt.

Der juristische Weg, den die Stadt hätte beschreiten müssen, ist zweigeteilt. Denn es müsste eine Klage gegen den vom Kreis ausgestellten Genehmigungsbescheid beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht werden, sowohl auf dem normalen Klageweg als auch im Rahmen eines vorläufigen Rechtsschutzes. Letzteres ist der juristisch richtige Fachbegriff für das von Laien oft benutzte Wort Eilverfahren. Dies ist nötig, um zu verhindern, dass während der Bearbeitung der ersten Klage vor Ort bereits Tatsachen geschaffen werden. Wie der städtische Justiziar Marc Satura erklärte, könne nur der vorläufige Rechtsschutz eine aufschiebende Wirkung haben – es handele sich dabei aber dann um zwei getrennte Verfahren, die jeweils einzeln bezahlt werden müssten. Nach Angaben des Rechtsexperten seinen die Erfolgsaussichten „nicht überragend“, auch, da Meerbusch ja nur gegen die Verletzung des eigenen Rechts klagen könne, nicht gegen andere eventuell strittige Aspekte des Projekts. Wie teuer ein Rechtsstreit würde, sei schwer vorherzusagen, so Satura. Der Justiziar erklärte auch, dass Meerbusch am Gewinn der Firma Amprion beteiligt werden würde – wie hoch diese Einnahmen ausfallen, sei aber ebenfalls noch nicht vorherzusagen.

Meerbuscher Stadtrat bis
zuletzt über Klageweg uneinig

Ob der Klageweg – inklusive Anwalts- und Gerichtskosten – beschritten werden solle, darüber waren sich die Politiker des Meerbuscher Stadtrates bis zuletzt uneinig. „Wir sind diesen Weg zehn Jahre gegangen, aber jetzt ist er zu Ende“, sagt etwa Werner Damblon von der CDU. „Der Protest von Bürgern, Stadt und Politik hat viel gebracht, der Konverter ist weiter von der Ortsbebauung weggerückt. Wir wollen jetzt keine Klage anstreben, die keine Chancen hat.“ Aber Damblon stellt auch fest, dass man an der grundsätzlichen Ablehnung des Konverterbaus auf Meerbuscher Stadtgebiet festhalte.

Den juristischen Weg einschlagen will hingegen Heinrich Peter Weyen von der FDP-Fraktion. „Es hat Jahre gedauert, bis unser Einspruch übergangen wurde – also ist an unseren Argumenten etwas dran. Ich würde das Geld für das Eilverfahren noch in die Hand nehmen.“ Dem pflichtet auch sein Parteifreund Michael Bertholdt bei. „Hier im Rat war die Position lange eindeutig: Wir wollten diesen Weg bis zum Ende gehen. Jetzt sollten wir nicht pessimistisch auf unsere Erfolgsaussichten schauen, sondern alle Mittel, die uns zur Verfügung stehen, in Bewegung setzen“, so Bertholdt.

Andreas Wagner von der Fraktion Die Fraktion hat sich bei der Entscheidung schwergetan. „Wir sind mit und gegen Amprion einen langen Weg gegangen. Im ganzen Prozess muss auch der Faktor Mensch beachtet werden – aber dafür gibt es keine Rechtsgrundlage.“ Ursprünglich habe er emotional gedacht und wollte den Rechtsstreit durchziehen. „Aber wenn man es nüchtern betrachtet: Das ganze Verfahren wurde zwei Jahre lang durch die Kreisbehörde geprüft. Ein Eilverfahren würde viel Geld kosten, weil wir ja unsere ganze Argumentation ausarbeiten müssen, und das für geringe Erfolgsaussichten. Daher stimmen wir gegen eine Klage, auch wenn uns das nicht leicht fällt.

Leoni Kanders von Bündnis 90/Die Grünen beruft sich auf das wichtigste Argument der Stadt gegen den Standort Meerbusch: Es fehle die zwingende Standortgebundenheit für ein „privilegiertes Vorhaben im Außenbereich“, als welches der Konverterbau angesehen wird. „Meerbusch ist nicht als einziger Platz geeignet, deswegen möchte ich, dass der volle Weg gegangen wird“, so die Grünen-Ratsfrau. Joachim Quass von Grün-alternativ hingegen stimmt gegen eine Klage. „Wir müssen an dieser Stelle mit uns selbst ehrlich sein. Das wird nichts mehr bringen.“

Heidemarie Niegeloh von der SPD: „In der jetzigen Situation sagt der Sachverstand, dass es nicht sinnvoll ist, weiter zu kämpfen. Die Verbesserungen, die im Prozess möglich waren, sind geschehen.“ Wie auch ihre Parteifreundin Nicole Niederdellmann-Siemes dankt Niegeloh nicht nur der Verwaltung für die Arbeit, die in das Projekt gesteckt wurde, sondern auch den Bürgern, die sich seit zehn Jahren gegen die Pläne von Amprion einsetzen.

Bei den Bürgern ruht nun auch eine von zwei letzten Möglichkeiten, doch noch gegen die Umsetzung des Konverters vorzugehen. Einige von ihnen saßen auch während der Ratssitzung im Publikum und verfolgten die Debatte. Wulf Bickenbrach, Konverter-Gegner der ersten Stunde, ließ sich in einer Bürgerfragestunde auch die genauen Möglichkeiten und Fristen, mit denen Anwohner gegen das Projekt vorgehen können, erklären. Bürger, die im Konverterbau eine Verletzung ihrer Rechte sehen, können bis zum 12. Januar Widerspruch beim Rhein-Kreis Neuss gegen die Genehmigung einlegen. Die Politik will im kommenden Jahr entscheiden, ob die Stadt für solche Verfahren den Bürgern finanzielle Hilfen zur Verfügung stellen wird. Ein weiterer Faktor ist eine beim Bundesverfassungsgericht liegende Klage der Stadt von 2013 gegen das Projekt. Wann es hier eine Entscheidung geben wird, konnte das Organ bisher nicht sagen.

Bei der Abstimmung im Stadtrat wurde der Klageweg mehrheitlich abgelehnt – allerdings mit 38 Gegenstimmen nur knapp. Der Rat stellte jedoch fest, dass man bei der grundsätzlich ablehnenden Haltung gegen das Projekt bleibe. Zum Abschluss wandte sich Bürgermeister Christan Bommers noch einmal an Politiker und Bürger: „Es ist eine Entscheidung, die – auch außerhalb dieses Gremiums – Kopfschmerzen bereiten wird. Ich danke allen, die sich im Prozess eingesetzt haben – wir haben viel erreicht, und werden den Prozess, der jetzt ansteht, begleiten und genau im Auge behalten.