Meerbuscher Tafel kommt
Menschen, die sich ab dem 20. eines Monats ausschließlich von Nudeln, Toastbrot oder Tütensuppen ernähren, weil das Geld für frische, ausgewogene Lebensmittel fehlt: Die gibt es; gab es schon immer — auch in Meerbusch.
Nur war es bislang einfacher, die Augen zu verschließen. Das wird jetzt nicht mehr möglich sein. Der gemeinnützige Verein „Meerbusch hilft“ unterstützt seit September 2015 alle Bedürftigen in der Stadt mit unterschiedlichen Angeboten. Eine eigene Abteilung, die dafür sorgt, dass der Kühlschrank auch „am Ende des Geldes“ noch mit Gesundem gefüllt ist, gab es bislang nicht. Wahrscheinlich im Januar, auf jeden Fall aber im ersten Quartal 2017, soll die „Meerbusch hilft — Tafel“ an den Start gehen. „Der Antrag für eine Aufnahme in den Bundesverband der Tafeln läuft, die Tafeln im Umkreis haben bereits ihr Okay gegeben“, sagt Dirk Thorand, Vorsitzender von „Meerbusch hilft“.
Die Entwicklung der Tafeln ist eine Erfolgsgeschichte. Sie begann 1993, als die Berliner Sozialpädagogin Sabine Werth die erste Tafel in Deutschland gründete und damit eine sympathische Idee aus den USA aufgriff: Ehrenamtliche verteilen übrig gebliebene Lebensmittel um, in dem sie sie einsammeln und an Bedürftige weitergeben. Was ursprünglich als „Mahlzeit-Nothilfe“ vor allem für Obdachlose gedacht war, hat sich längst zu einer modernen Armenspeisung in einem der reichsten Länder der Erde entwickelt.
Überall in der Republik expandieren die Tafeln, vor allem seit Einführung von Hartz IV. Aktuell gibt es mehr als 900 mit mehr als 2100 Tafel-Läden und Ausgabestellen bundesweit. Circa 60.000 ehrenamtliche Helfer mit mehr als 2.000 Fahrzeugen sind dort regelmäßig im Einsatz — für bis zu 1,5 Millionen bedürftige Personen. Davon, sagt der Dachverband, sind etwa 23 Prozent Kinder und Jugendliche, knapp über die Hälfte Erwachsene — vor allem ALG-II- beziehungsweise Sozialgeld-Empfänger, Spätaussiedler und Migranten — und etwa 24 Prozent Rentner. „In Meerbusch gibt es knapp 3000 Bedürftige in rund 1200 Haushalten“, sagt Dirk Thorand. „Das ist eine Menge. Dabei machen Flüchtlinge beziehungsweise ausländische Mitbürger nur etwa ein Drittel aus.“ Die Erfahrung zeigt: Nicht alle, die berechtigt wären, werden das Angebot annehmen. Der organisatorische Aufwand bis zur Realisierung der Lebensmittelausgabe ist dennoch groß. „Es wird zunächst zwei Ausgabestellen in Osterath und Büderich geben“, sagt Thorand. Zehn bis 15 Ehrenamtliche werden einmal pro Woche Kunden durch die Ausgabe begleiten und für zweiEuro einen Korb mit Lebensmitteln füllen. „Was wir noch brauchen, ist ein Kühlwagen“, so der Vereinschef. Auf den Nikolausmärkten in Lank und Osterath am kommenden Wochenende soll dafür gesammelt werden. Foto: Wegner