Nepal: Osteratherin im Waisenhaus

Die Osteratherin Julia Schniewind war für die Nepal-Initiative im Waisenhaus in Pokhara.

Meerbusch. „Bildung, Bildung, Bildung. Das ist der einzige Weg aus der Armut.“ Dieser Merksatz für Kinder in Nepal hat sich Julia Schniewind eingeprägt. Die Tochter der evangelischen Pastorin in Osterath hat als freiwillige Helferin in einem Waisenhaus in Pokhara, 150 Kilometer von der Hauptstadt Kathmandu entfernt, gearbeitet.

Von 6.30 bis 8 Uhr Hausaufgaben, von 9 bis 16 Uhr Schule, von 17 bis 19 Uhr Hausaufgaben, so sehe der Alltag für die 37 Waisen im Alter von vier bis 16 Jahren aus, berichtet die 23-Jährige. Das Waisenhaus unter der Leitung von Deepak Gurung wird von der Kaarster Nepal Initiative unterstützt, die Schniewind den Aufenthalt vermittelt hat.

„Ich wollte während der Semesterferien über den Tellerrand blicken und mich sozial einbringen“, erzählt die Studentin, die ihren Master im Bereich Internationale Wirtschaft und Governance macht.

In Nepal empfing sie eine fremde Welt: Menschengewimmel in den Straßen, Kühe und Wasserbüffel zwischen Radfahrern und so ge-nannte Tuk-Tuks, den vielseitigen Kleintransportern, und überall viel Plastikmüll. Die Häuser sind in grell bunten Farben gestrichen, ungewohnte Gerüche liegen in der Luft. Jenseits von Häusern und Verkehr gibt es eine grandiose Landschaft: Hinter Pokhara erhebt sich das Annapurna-Massiv.

„Ich hatte Sorge, dass die Kinder scheu sind und wir uns nicht verständigen können, aber es war ganz anders“, lacht Schniewind. „Sie kamen auf mich zugesprungen und löcherten mich mit Fragen.“ Die Verständigung lief auf Englisch, der offiziellen Unterrichtssprache in der Schule. „Die Kinder gehen gerne in die Schule, auch wenn das viel Zeit beansprucht.“ Schniewind hat Jungen und Mädchen zur Schule gebracht, mit ihnen gespielt, aber auch geputzt und Kartoffeln geschält.

Viele sind Waisen, andere wurden verstoßen, als die Mutter sich neu verheiratete, und lebten auf der Straße. „Natürlich sind die Lebensverhältnisse sehr einfach“, sagt Julia Schniewind.

Dreimal am Tag fällt der Strom aus, Wasser wird in einem Tanklaster angefahren, eine Dusche gibt es nicht. Einmal in der Woche gehen die Kinder an den nahe gelegenen See, waschen sich und gleichzeitig ihre Kleidung.

Auch die digitale Welt ist noch nicht angekommen. „Bitte gib mir deine E-Mail-adresse und wechsle sie nicht. Dann kann ich dir in drei Jahren mailen.“ Diese Bitte überraschte die Deutsche. „In drei Jahren studiere ich vielleicht und habe dann einen Computer.“

Doch auch Julia Schniewind brachte die kleinen Nepalesinnen zum Staunen: Verblüfft hörten sie, dass in Deutschland Ehen nicht arrangiert werden. „Alles Liebesheiraten?“ staunten sie.