Politik in Meerbusch Gutachten kritisiert umstrittenen Paragraphen
Meerbusch · Zwei Fraktionen stellen einen Punkt der neuen Geschäftsordnung, der den Ausschluss der Öffentlichkeit bei Ratssitzungen vereinfacht, in Frage. Die Stadt will diesen Paragraphen erneut prüfen.
(dsch) Die Fraktionen Grün-alternativ und Die Fraktion geht gegen einen Absatz in der neuen Geschäftsordnung der Stadt vor. Die Mehrheit des Stadtrats hatte in dessen Juni-Sitzung in Absatz 6.2.g beschlossen, dass Rat und Ausschüsse Themen ohne Anwesenheit der Öffentlichkeit behandeln dürfen, „in denen aufgrund organisatorischer und/oder strategischer Überlegungen der Meinungsbildungsprozess innerhalb der Verwaltung noch nicht abgeschlossen ist“.
Die Mehrheit der Politiker hatte für diese Lösung gestimmt und erhoffen sich davon einen offeneren Austausch zwischen Stadtverwaltung und Politik. Andere Fraktionen, darunter Die Fraktion und Grün-alternativ, hatten jedoch bereits in der Sitzung Kritik an dieser Entscheidung geübt und angekündigt, rechtliche Schritte zu prüfen.
Inzwischen liegt zur Sache ein Gutachten des ehemaligen Richters Hans Wilhelm Hahn vor. Dieses betont die überragende Bedeutung der Öffentlichkeit von Rats- und Ausschusssitzungen, sie werde vom Verfassungsgerichtshof des Landes sogar als „tragender Grundsatz des gesamten Kommunalverwaltungsrechts“ bezeichnet. Nach dem Bundesverfassungsgericht soll „der gesamte Willensbildungsprozess für den Bürger durchschaubar sein“. Die Parlamentarische Demokratie, so heißt es in dem vorliegenden Gutachten, basiere auf dem Vertrauen des Volkes, und dieses sei nur durch Transparenz herzustellen.
Daher ist in der Landesgemeindeordnung genau geregelt, wann die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden darf – etwa wenn es um personenbezogene Daten oder andere berechtigte Interessen geht. Zudem dürfen auch Bürgermeister und Politiker einen Ausschluss der Öffentlichkeit beantragen. Die Gründe dafür müssen jedoch aus den Rechtsvorschriften abgeleitet werden, nach Auffassung von Hahn stellen strategische Überlegungen keinen entsprechenden Grund dar.
Zudem kommt der Jurist in seinem Gutachten zu dem Schluss, der fragliche Absatz verstoße „gegen den rechtsstaatlich elementaren Grundsatz der Bestimmtheit“. Es bleibe unklar, wann ein organisatorischer und/oder strategischer Meinungsbildungsprozess innerhalb der Verwaltung als Argument für die Nicht-Öffentlichkeit zur Anwendung kommt. Somit, so Hahn, sei der Absatz rechtswidrig.
Daher fordert auch Grün-alternativ und Die Fraktion, den Beschluss aufzuheben. Im Namen der Stadtverwaltung hat Meerbuschs Justiziar Marc Saturra angekündigt, die Stadt werde das vorgelegte Gutachten „sorgfältig prüfen“. Ein Ergebnis wird jedoch erst Ende Juli erwartet. Saturra weist darauf hin, dass bis dahin wegen der Sommerpause die politischen Geschäfte in Meerbusch weitgehend ruhen, Sitzungen von Rat und Ausschüssen und somit entsprechende Fälle, in denen Paragraph 6.2.g angewendet werden könnte, sind daher nicht zu erwarten. Sollte die Stadt zum Ergebnis kommen, dass Handlungsbedarf bestehe, könne man entsprechend in der Sitzungsrunde aktiv werden.