Schließung von Medina und Seniorenpark: „Eine Häufung erheblicher Mängel“
Der Rhein-Kreis Neuss schließt zwei Senioreneinrichtungen der Marseille-Kliniken in Meerbusch. Betroffen sind 100 Bewohner.
Meerbusch. Der Rhein-Kreis Neuss hat am Donnerstag, 12. September, den beiden Senioreneinrichtungen Medina und Seniorenwohnpark der Marseille-Kliniken in Meerbusch-Strümp den Betrieb untersagt. Schwere Mängel in der Pflege, der Ernährung und der medizinischen Versorgung der zurzeit noch etwa 100 Bewohner hätten der Aufsichtsbehörde keine Wahl gelassen, betont Kreissozialdezernent Jürgen Steinmetz. „Es gab eine ungewöhnliche Häufung erheblicher Mängel, ein absoluter Einzelfall im Rhein-Kreis Neuss.“ Die beiden Häuser sollen bis Ende November geschlossen werden.
Was Dr. Karlheinz Großgarten, der stellvertretende Leitende Arzt beim Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) Nordrhein, zu Protokoll gibt, begründet die Entscheidung exemplarisch: Medikamente sind nicht vorhanden, Medikamentengaben nicht nachvollziehbar und in einem Fall eine Woche lang unterblieben. „Das kann ernsthafte Folgen haben.“
Immer wieder war die Heimaufsicht des Kreises Beschwerden von Bewohnern und Angehörigen der 2008 eröffneten Einrichtung nachgegangen. Nachdem sich die Situation im Herbst 2012 „dramatisch verschlechtert“ (Großgarten) hatte, galt seit Ende 2012 ein Aufnahmestopp für beide Häuser, Seniorenwohnpark und Medina.
36 Kontrollen führten den MDK seitdem ins Haus — in der Regel findet eine pro Jahr statt. Man habe die Mitarbeiter intensiv kontrolliert und beraten, doch keine wesentlichen Änderungen feststellen können, betonen Steinmetz und Großgarten. Trotz auffälligen Gewichtsverlusts von Bewohnern seien Protokolle über Ernährung oder Arztbesuche nicht auffindbar gewesen, die Körperhygiene war mangelhaft. Der MDK belegt Hautekzeme und unbehandelte Druckgeschwüre. Die Personalausstattung sei „qualitativ und quantitativ“ ungenügend.
Die Mängel wurden wiederholt festgestellt, ihre Abstellung angemahnt. Steinmetz: „Außer guten Absichten und guten Plänen ist uns innerhalb von zwölf Monaten nichts vorgelegt worden.“ Die Staatsanwaltschaft ermittle in zwei Fällen. Bewohner und Mitarbeiter der Strümper Einrichtung konnte der Kreis im Vorfeld nicht über die Schließung des Hauses informieren. Die Adressen stünden noch nicht zur Verfügung, hieß es.
Großgarten beteuert, dass der MDK die Versäumnisse in der Behandlung der Bewohner nicht nur dokumentiert. „Wir sorgen dafür, dass die Bewohner versorgt werden. Wir reagieren unmittelbar.“ Mit der Präsenz des Medizinischen Dienstes hoffe er, die Zeit bis zum Umzug überbrücken zu können.
Dem Kreissozialdezernenten Jürgen Steinmetz liegt daran zu betonen, dass es sich in Strümp um einen Einzelfall handele. Nie zuvor sei eine Senioreneinrichtung im Rhein-Kreis Neuss geschlossen worden, die 3200 Bewohner seien in den 36 Altenheimen gut aufgehoben. Auch für die 100 Bewohner in Strümp werde man „bestmögliche Lösungen suchen“. Steinmetz: „Der Betreiber ist in der Pflicht, neue Plätze zu finden. Aber wir tragen Gewähr dafür, für jeden einzelnen eine Lösung zu finden.“
Die Ankündigung der Marseille-Kliniken AG, gegen die Schließung juristisch vorzugehen, kommentiert Steinmetz gelassen: „Wir sind von der Rechtmäßigkeit unserer Entscheidung überzeugt.“
Der Betreiber und mit ihm sein Anwalt leugnen erhebliche Defizite des Betriebs nicht, betrachten jedoch die Schließung insgesamt und den Zeitpunkt jedoch als unverhältnismäßig. Man habe sich auf einem „sehr guten Weg zum gesetzten Ziel“ befunden, sagt Vorstand Dieter Wopen. „Besonders qualifizierte Mitarbeiterinnen“ des Konzerns seien abgeordnet worden, um die Fehlerquellen zu finden und abzustellen. Dezidiert legt Anwalt Walter Wellinghausen dar, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die Auflagen der Aufsichtsbehörde zu erfüllen.