Stadt will Schutzstreifen für Falter
Der seltene Wiesenknopf-Ameisenbläuling könnte ein Faktor werden, um neue Straße zum Krefelder Hafen zu verhindern.
Er ist selten, und winzig — und trotzdem mächtig, denn der Wiesenknopf-Ameisenbläuling kann die Straße zum Krefelder Hafen verhindern. Möglicherweise. Vielleicht. Fakt ist: Der kleine braune Falter (Flügelspannweite: 28 bis 33 Millimeter) lebt im europäischen Naturschutzgebiet „Buersbach“. Die umstrittene Südanbindung an den Krefelder Hafen würde, sollte sie realisiert werden, mitten durch seinen bislang idyllischen Lebensraum führen. Um das zu verhindern, will die Stadt Meerbusch jetzt Flächen ankaufen und einen Schutzstreifen für den Bläuling anlegen lassen. Der Planungsausschuss sollte dafür jetzt Mittel für den Haushalt 2018 festlegen. Der Schutzstreifen läge auf der möglichen Trasse einer Straße zum Hafen, die weder die Politik, noch die Verwaltung, noch die Bürger wollen. So gesehen geht es um einen Schutzstreifen für einen Falter — und für Meerbusch.
Dass ein solcher nötig sein könnte, bezweifelt auch Gert Asbach, Sprecher der „Bürgerinitiative für Lank-Latum“, nicht. Weil im Naturschutzgebiet „Buersbach/Latumer Bruch“, das sich auf circa 20 Hektar über Meerbuscher und auf rund 300 Hektar über Krefelder Stadtgebiet erstreckt, auf der Meerbuscher Seite Ende Januar ein breiter Streifen von Gebüsch und Bäumen befreit wurde, hatte Asbach schon mit dem Schlimmsten gerechnet. Volker Große, Diplom-Ingenieur und Leiter der Freiraum- und Landschaftsplanung beim Rhein-Kreis Neuss, stellte damals im Ausschuss das von seinem Amt in Zusammenarbeit mit der Biologischen Station im Rhein-Kreis Neuss erarbeitete Maßnahmenkonzept zum sogenannten FFH-Gebiet vor und gab Entwarnung: „Im Gebiet Buersbach wurde ein offener Bereich geschaffen, um die Standortbedingungen für den dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling zu verbessern. Dabei handelt es sich um eine aus europäischer Sicht gefährdete Falterart, von der es im Rheinland große Vorkommen gibt und die wir bereits seit circa zehn Jahren fördern.“
Beim Kampf gegen die aus Krefelder Sicht gewünschte Anbindung an der Krefelder Hafen könnte die Existenz des Wiesenknopf-Ameisenbläulings den Meerbuschern am Ende helfen. „In FFH-Gebieten sollen die aus europäischer Sicht besonders wertvollen Lebensräume und besonders seltenen Tier- und Pflanzenarten erhalten und entwickelt werden“, erklärt Große. Sie würden als Naturschutzgebiete im Landschaftsplan festgesetzt und der sei als Satzung des Kreises auch unmittelbar rechtswirksam. „Geplante Baumaßnahmen müssen also eine FFH-Verträglichkeitsprüfung unterlaufen, grundsätzlich gilt ein Verschlechterungsverbot. Das zu überwinden, ist schwierig und wurde durch Gutachten auch bereits versucht. Für die Straßenplanung ist das eine große Hürde.“
Tatsache ist: Der Krefelder Hafen hat ein Erschließungsproblem: Massiv siedeln sich dort derzeit neue Firmen an, bisher kann das Gebiet aber nur über eine schlecht ausgebaute Straße im Norden im Stadtteil Uerdingen angefahren werden. Damit die Lkw schneller auf die A 57 gelangen, gibt es in Krefeld schon lange das Bestreben, eine Südanbindung des Hafens zu bauen. Da jedoch im Krefelder Südosten durch Golfplätze, Industrie und ein großes Naturschutzgebiet eigentlich nur wenig Verbindungsmöglichkeiten bestehen, kam Meerbusch ins Spiel.
Die Situation ist verfahren: Eigentlich steht die Südanbindung — also die verkehrliche Erschließung des Krefelder Hafens durch das Naturschutzgebiet Buersbach/Latumer Bruch von Uerdinger Straße zur Bismarckstraße — grafisch nicht mehr im Entwurf des neuen Regionalplans. Initiativenvertreter wie Gert Asbach glauben aber, dass der Bau nur aufgeschoben ist. Ebenso befürchten die Initiativen, dass über kurz oder lang der Krefelder Hafen auf Meerbuscher Stadtgebiet vergrößert werden könnte. Im Juni 2016 hatte der Regionalrat einen Beschluss zur Südanbindung gefasst. Wörtlich steht im Entwurf des Regionalplans: „Es wird davon ausgegangen, dass bis zur Klärung der Sachfragen beziehungsweise Vorlage der Prüfergebnisse und der Herstellung des Einvernehmens der Städte Krefeld und Meerbusch die Gebiete, die für eine Erweiterung des Hafens Krefeld und eine zusätzlichen Verkehrserschließung in Frage kommen, von weiteren Nutzungen freigehalten werden, es sei denn, diese sind rechtlich geboten. Es ist jedoch durch Optimierung der vorhandenen Erschließung des Krefelder Hafens darauf hinzuarbeiten, eine neue, zusätzliche Erschließung zu vermeiden.“
Die Bürgerinitiativen interpretieren diese Sätze so, dass eine Südanbindung weiterhin nicht ausgeschlossen wird. Die IHK wollte die Trasse in den Regionalplan aufnehmen. Wenn die Südanbindung kommt, würde die Verkehrsbelastung vom und zum Hafen Krefeld von der A 44 und der A 57 durch die Stadtteile im Meerbuscher Norden deutlich steigen, fürchten die Initiativen. Foto: Kreis NE