Stadt will Umstieg aufs Rad fördern
Um mehr Menschen dazu zu bewegen, das Auto in der City mal stehenzulassen, holt sich Meerbusch nun Ideen aus Bocholt. Die Stadt gilt als fahrradfreundlichste in Deutschland.
Fünf Mal in Folge ist Bocholt zur fahrradfreundlichsten Stadt Deutschlands gewählt worden — in der Kategorie 50 000 bis 100 000 Einwohner. Zu dieser Kategorie gehört auch Meerbusch, die Stadt belegte bei der letzten Auswertung Platz 19 von 98. Nicht schlecht also, doch es ist noch Luft nach oben. Deswegen will die Stadt jetzt von Bocholt lernen. Was wird dort anders gemacht? In der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses war der ehemalige Bocholter Stadtbaurat Ulrich Paßlick zu Gast, um diese Frage zu klären.
Das Fahrrad ist für viele Bocholter im Alltag das Fortbewegungsmittel der Wahl: „Alle Kinder lernen mit spätestens vier Jahren das Fahrradfahren“, erklärte Paßlick. Jeder besitze zwei bis drei Räder, 39 Prozent aller Wege würden mit dem Fahrrad zurückgelegt.
Ulrich Paßlick, ehemaliger Stadtbaurat aus Bocholt
Auch in Meerbusch wollen Politik und Stadtverwaltung daran arbeiten, dass mehr Menschen auf das Fahrrad umsteigen, das Auto auch mal stehenlassen. Dafür sei es unerlässlich, dass der Autoverkehr in einer Stadt auch ein Stück weit zurückgedrängt würde, so Paßlick. „Es darf nicht immer bequemer sein, mit dem Auto zu fahren.“ So hat Bocholt beispielsweise im Stadtgebiet viele Autoparkplätze gestrichen und stattdessen Möglichkeiten zum Abstellen des Fahrrads, aber auch Aufenthaltsqualität im Stadtzentrum geschaffen.
Dort, wo früher ein großer Parkplatz war, gibt es heute Außengastronomie. Und da radeln die Bocholter gerne hin. Außerdem werde bei Neubaugebieten darauf geachtet, immer auch Schleichwege Richtung Zentrum zu planen, so dass es mit dem Fahrrad nicht erheblich länger dauert als den Umweg mit dem Auto zu fahren. In Tempo-Sieben-Zonen fahren Autofahrer und Fahrradfahrer gleichberechtigt. Separate Ampelschaltungen für Radfahrer sollen verhindern, dass an jeder Ampel angehalten werden muss. Ein dichtes Radwegenetz durch Grünanlagen sorgt dafür, dass viele Wege zur Arbeit, zur Schule oder zum Kindergarten mit dem Rad abseits vom Pkw-Verkehr zurückgelegt werden können.
Außerdem hat Bocholt eine Radstation gebaut, in der 160 Räder untergestellt werden können. Dort gibt es auch eine Werkstatt für kleinere Reparaturen. Fahrradboxen wie die, die jetzt in Meerbusch aufgestellt wurden, gibt es hingegen nicht. Auf komplexen Kreuzungen gibt es in Bocholt klare Straßenmarkierungen, die den Radfahrern zeigen, wo sie fahren müssen. Es gibt aber auch einen großen Unterschied zwischen den Städten: Bocholt sei eine kompakte Stadt der kurzen Wege, erklärte Paßlick.
Die Meerbuscher sind zwischen den Ortskernen hingegen selbst mit dem Auto oft lange unterwegs. Inwiefern dennoch Ideen aus Bocholt in Zukunft auch in Meerbusch umgesetzt werden können, soll bald bei einem Ortsbesuch noch genauer erläutert werden. Die Stadtverwaltung plant eine Exkursion, um auch mal selbst ein Ründchen durch Bocholt zu drehen.