97,3 Prozent stimmen für Breuer

Der SPD-Kandidat hielt eine emotionale Rede.

Foto: A. Woitschützke

Neuss. Draußen stand eine „Mahnwache“ der Jungen Union, drinnen der Saal kopf, als die SPD-Mitglieder Reiner Breuer zu ihrem Kandidaten für die Bürgermeisterwahl am 13. September machten. Schon seit Monaten, seit der Landtagsabgeordnete seine Bereitschaft zur Kandidatur erklärt hatte, zweifelte innerhalb und auch außerhalb der Partei niemand daran, dass Breuer ohne Gegenkandidaten bleiben würde.

Doch es fehlte der offizielle Mitgliederentscheid — und der fiel eindeutig aus: Von 110 stimmberechtigten Mitgliedern stimmten 107 — oder 97,3 Prozent — für und nur eines gegen den 45-Jährigen. Der Wahlparteitag wurde bewusst auf den 23. politischen Aschermittwoch gelegt, von dem der Parteivorsitzende Benno Jakubassa behauptete: „Dieser wird unser Wichtigster und Bedeutendster werden“. Den mit ihm fange die „Ära Reiner Breuer als Bürgermeister von Neuss an“. Diese Überzeugung stimmte den langjährigen Vorsitzenden sogar so versöhnlich, dass er den fünf vor der Tür frierenden Demonstranten der JU ein Tablett Bier bringen ließ.

Der Politische Aschermittwoch wird oft genutzt, um auf die Gegner in anderen Parteien einzudreschen, doch das tat Breuer nicht. Er erwähnte Thomas Nickel, der sich schon Anfang November gegen drei parteiinterne Mitbewerber als CDU-Bürgermeisterkandidat durchgesetzt hatte, mit keinem Wort. Das hatte Jakubassa schon kurz und knackig erledigt. Und auf die CDU-Fraktion im Rat ging er sogar zu: „Lasst uns das jüngste Angebot der CDU zu einem Dialog annehmen“, sagte er. Dann werde sich schnell zeigen, „ob wir nur als Mehrheitsbeschaffer für Schwarz-Grün herhalten sollen oder ob ein echter Politikwechsel gewollt ist“. Nein, Breuer nahm bei seiner 35-minütigen Rede seine Genossen ins Visier — und inzwischen kann er das gut: Zum Einstieg ein Hinweis auf den SPD-Ministerpräsidenten Johannes Rau, ganz am Ende ein Zitat von Willy Brandt, und dazwischen eine Streicheleinheit für die Jusos und die Erklärung, vor 28 Jahren bewusst in die SPD eingetreten zu sein, „um den Dicken (Helmut Kohl, d.Red) loszuwerden“.

Wenn ein Gegner genannt wurde, dann war das CDU-Bürgermeister Herbert Napp, „der kleine Putin vom Niederrhein“, der „Vesuv von Neuss“. Da lachte der Saal. Zur Emotion kam der Inhalt. In vier Kapiteln gliederte Breuer seine Ideen, die deutliche Parallelen zum Kommunalwahlprogramm der SPD aus dem Vorjahr aufwiesen. Erstens: Den Konzern Stadt transparenter und bürgerfreundlicher machen. Zweitens: Den Wirtschaftsstandort sichern und den digitalen Wandel nutzen. Drittens: Den sozialen Zusammenhalt stärken und insbesondere Wohnen für alle bezahlbar machen. Und viertens: Neuss kinder- und familienfreundlicher machen.