Alte Baustellenampel ist jetzt ein Nistkasten für Vögel

Die Stele wurde durch den Kunstverein Nordkanal realisiert.

Foto: L. Berns

Kaarst. Im ersten Leben war sie eine Baustellenampel. Im zweiten mutierte sie jetzt zum Ampelnistkasten und wird künftig die Blicke der Spaziergänger und Erholungssuchenden im Vorster Wald auf sich ziehen: Die komplett rot lackierte Ampel regelt nicht mehr den Verkehr, sondern soll heimischen Vögeln als Nistplatz dienen.

In einer kleinen Zeremonie wurde die vom Kunstverein Nordkanal realisierte Stele feierlich enthüllt. Hinter dem scheinbar simplen Objekt verbirgt sich nicht nur die Zusammenarbeit mehrerer Fachleute, sondern auch die des Kunstvereins mit der Stadt Kaarst. Denn der Nistkasten ist ein Geschenk des Vereins an die Stadt, diese wiederum hat die zwei Meter hohe Betonstele bereitgestellt. „Das ursprünglich für die Stadtmitte entwickelte Konzept der Kunststelen strahlt inzwischen in alle Stadtteile aus“, erklärte Markus Albiez, Vorsitzender des Kunstvereins Nordkanal.

Der Ampelnistkasten ist bereits die 34. Stele im Stadtgebiet, aber die erste im Vorster Wald. Dem Kunstwerk liegt die Idee des ‚Ready made‘ zugrunde — ein Alltagsgegenstand wird in den Kunstbereich überführt und entfremdet. Diese Kunstform wurde vom Maler und Objektkünstler Marcel Duchamp vor mehr als 100 Jahren in New York entwickelt. Der Ampelnistkasten ist das Werk des Düsseldorfer Holzbildhauers Till Hausmann. Er entkernte die Ampel, entfernte die Gehäuse für die Signallichter, schloss die großen Löcher und setzte Zwischenböden ein. „Dabei stimmte ich mich mit einem Biologen ab“, erklärte Hausmann. Denn nur dieser konnte ihm sagen, wie groß die Einfluglöcher für die verschiedenen Vogelarten sein mussten. „Schließlich haben wir hier unter anderem Kleiber, Kohlmeisen, Stare und Schnepfen“, so Markus Albiez. Für die endgültige Ausführung benötigte Hausmann noch die Hilfe des Metallbauers Joachim van den Bongard, denn er selbst ist eher im Metier Holz zu Hause.

Auf der rückwärtigen Seite der Ampel sind Türen angebracht, um das Innere in Ordnung halten zu können. „Wir haben hier sozusagen eine ornithologische Wohngemeinschaft“, sagte Albiez schmunzelnd. Die Vögel fänden in der Kunst ein Zuhause — die Kunst habe so eine Funktion bekommen und verbinde sich perfekt mit der Natur, sagte er. Bürgermeisterin Ulrike Nienhaus hofft, dass das technische Bauwerk von den Naturbewohnern erobert werde und sich viele Vogelfamilien einnisten.

Musikalisch umrahmt wurde die Feierstunde von Geiger Andreas Illgner. Er hatte sich mit Hilfe einer Kappe in einen „schrägen Vogel“ verwandelt und brachte den „Distelfink“ des venezianischen Komponisten Antonio Vivaldi zu Gehör. „Das Stück ist eigentlich für eine Flöte. Ich habe es mit der Geige extra eingeübt“, verriet Illgner.

Die gebrauchte Baustellenampel stammt übrigens von einer Kölner Firma. Den Kontakt hatte Kunstvereinsmitglied Klaus Stevens hergestellt, Till Hausmann hatte die ausrangierte Ampel dann dort abgeholt.