Alter Bunker in Neuss Bunker mit Botschaft zum Klimawandel
Neuss. · Gesamtschüler haben den Luftschutzbunker an der Venloer Straße umgestaltet.
Es ist das Jahr 1942. Der zweite Weltkrieg verwüstet das Rheinland. Auch auf Neuss fallen Bomben. Wenn die Sirenen heulen, dann läuft Fritz Becker zusammen mit seinen Mitschülern aus der Knabenvolksschule Weißenberg in den nahegelegenen Luftschutzbunker an der Venloer Straße. Und das über zwei Jahre, bis die Schule bis zum Kriegsende geschlossen wird.
Fritz Becker steht vor dem Luftschutzbunker und blickt auf die Fassade. Der 83-Jährige erinnert sich an damals als sei all das erst gestern passiert. Nach dem Krieg hat er beobachtet, wie die Bunkerfassade langsam vor sich hinbröckelte. Immer häufiger wurde sie Platz für „Schmierereien“ und Vandalismus. „Nicht schön ist das gewesen“, kommentiert Becker. Seit 2012 setzt er sich dafür ein, dass der Bunker verschönert werden soll.
Initiativkreis steuerte
die nötigen Gelder bei
Er sprach mit den Inhabern der umliegenden Geschäfte, der Stadt und dem Initiativkreis Nordstadt. „Es ist allerdings sehr schleppend voran gegangen“, sagt Becker. Erst sieben Jahre später – im Mai dieses Jahr – hält er die Genehmigung in den Händen, die ihm erlaubt, sich um die Verschönerung des Bunkers zu kümmern. Die nötigen Gelder steuern der Initiativkreis Nordstadt und das Kulturamt Neuss bei. Bleibt nur noch offen, wer die gestalterische Umsetzung übernehmen soll.
Die kreativen Künstler sind schnell gefunden, als Becker an die Gesamtschule Nordstadt herantritt. Hier nimmt sich Kunstlehrer Markus Ohligschläger der Aufgabe an. Gemeinsam mit 14 Schülern der Jahrgangsstufe 11 entwickelt er ein Motiv, dass sowohl die Geschichte als auch aktuelle Themen aufgreifen soll. „Wir wollten eine Brücke schlagen zwischen Krieg, dem Bunker als Schutzraum und dem Thema Nachhaltigkeit“, sagt Ohligschläger. Alle Schüler hätten dazu einen ersten Entwurf gemacht. Anschließend hat die Klasse demokratisch entschieden, welches Motiv auf der Wand zu sehen sein soll. Becker hatte zuerst an ein Bild der alten Straßenbahn Neusserfurth gedacht. Die Schüler aber haben sich für ein Motiv mit deutlich politischer Aussage entschieden.
Entstanden ist ein großer Embryo, der mit der Nabelschnur mit der Erde verbunden ist. Der Globus ist jedoch nicht der blaue Planet, wie man ihn von Bildern aus dem All kennt, sondern er trägt die Optik einer Handgranate. Der Embryo hat diese mit seinem Fuß bereits entsichert. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass die Erde zunehmend mit Überbevölkerung zu kämpfen hat – eine der größten Ursachen des Klimawandels“, so Ohligschläger. Derzeit würden die meisten Folgen der Klimakrise noch ausstehen. „Die kommenden Generationen werden aber mit ihnen konfrontiert.“ War der Bunker zu Kriegszeiten ein Schutzraum, so soll er heute seine Betrachter zum Denken darüber anregen, wie die Umwelt geschützt werden kann.
Für die Gestaltung hatten die Schüler in ihrer Projektwoche eigentlich drei Tage veranschlagt. Fertig geworden, sind sie aber schon am ersten Tag. „Wir waren selbst überrascht, dass es so schnell ging“, sagt Schülerin Janet aus dem Kunstteam. Bedenken, einen ehemaligen Bunker zu gestalten, hatte sie keine: „Wir haben uns lange über eine passende Geschichte beraten.“