Ballonfahrt: Ballon-Barone in luftiger Höhe
Von oben: WZ-Redakteur steigt samt Familie in den Korb.
Neuss. Mit viel heißer Luft hebt man ab, und niemand weiß, wo und wann es wieder nach unten geht. Wer sich allerdings Sascha Dreger (43) anvertraut, wird die Ballonfahrt nicht als Reise ins Ungewisse erleben, sondern die Ruhe und Gelassenheit des erfahrenen Heißluft-Piloten sowie die herrliche Aussicht in 500 Meter oder noch größerer Höhe genießen.
Doch der Reihe nach: Das Ballonfestival in Neuss führt mich und meine Familie in den Südpark von Neuss. Auf dem Rasengelände nördlich der Eishalle haben sich viele Freunde der Luftfahrt eingefunden, um das Abenteuer in luftiger Höhe zu genießen. Die Fahrt war einmal als Geburtstagsgeschenk für meine Frau Christiane gedacht, die aber keinesfalls ohne ihre Familie in den Korb steigen wollte.
Der wird inzwischen vom Anhänger heruntergewuchtet und liegt auf der Seite. Auch die Ballonhülle ist bereits auf dem Rasen ausgebreitet und wird von Sascha Dreger, der über 1800 Ballonfahrten absolviert hat, mit Karabinern am Korb befestigt. Während mein Sohn Tobias (17) die Hülle mit einem weiteren Mitfahrer aufhält, macht meine Tochter Karina (14) einige ihrer später insgesamt 279 Fotos.
Als die drei großen Brenner am Korb die Luft in der Hülle endlich auf 100 Grad gebracht haben, geht alles ganz schnell. Der Korb stellt sich fast von allein auf, wir klettern auf das Kommando des Piloten eilig hinein. Während meine Tochter immer noch von „draußen“ fotografiert, zerrt der Ballon schon kräftig am Sicherungsseil und will endlich abheben. Unsere Sorge, dass er sich in den nahen Bäumen verfängt, ist überflüssig.
Es geht so schnell, aber doch in völliger Ruhe nach oben, dass unter den zehn Passagieren erst gar keine Angst aufkommt. Mit dem Blick auf das unter uns wegtauchende Neuss geht es zunächst Richtung Südosten. Weckhoven und Hoisten sind bereits zu erkennen, auf der anderen Seite können wir Düsseldorf in der Ferne ausmachen.
„Ich kann nur die Höhe regulieren, Geschwindigkeit und Richtung bestimmt nur der Wind“, sagt unser Pilot, der mit Kontrollgeräten und Karte immer auf der Höhe ist. Abheben darf er nur, wenn ein wenig Wind (bis 30 Stundenkilometer) weht. Bei Windstille geht nichts. Fasziniert schauen wir auf die kleinen Dörfer und Ackerflächen, die wir „überfahren“. Derweil erklärt uns Sascha Dreger, dass in den vergangen fünf Jahren doch einige Fahrten wegen zu starker Winde ausfallen mussten. „Seriöse Voraussagen, ob gestartet werden kann, sind erst 36 Stunden vorher möglich“, sagt Dreger.
Langsam verlieren wir an Höhe und der Pilot schaut sich nach einem Landeplatz um. Er findet eine kleine Fläche zwischen einem Weizen- und einem Kartoffelacker und schafft es, genau dort zu landen, ohne dass alle durcheinanderpurzeln. Wir halten uns dennoch etwas verkrampft an den Schlaufen unseres Korbs fest. Zwei Mitfahrer springen direkt heraus und dirigieren die in sich zusammenfallende Hülle auf einen Weg. Der Bauer, der aus Angst um seine Ernte inzwischen eingetroffen ist, stellt erstaunt fest, dass kein Pflänzchen beschädigt wurde.
Inzwischen ist auch unser „Verfolger“ mit Fahrzeug und Hänger eingetroffen. Wir falten gemeinsam die Hülle zusammen, und schließlich gelingt es auch, Hülle und Korb auf dem Hänger zu verstauen. Sodann werden alle getauft und in den Adelsstand der Luftfahrer erhoben. Meine Frau darf sich fortan „Baronin der luftigen Höhe“ nennen. Ihr ist außerdem ziemlich anzusehen, dass ihr die Fahrt über ihrer Geburtsstadt im wahrsten Sinne „höchsten Genuss“ bereitet hat.