Beauftragte für Behinderte in Grevenbroich: moderieren und behutsam agieren
Charlotte Häke ist seit zwei Jahren die Behindertenbeauftragte der Stadt. Inzwischen bekommt sie Anfragen aus ganz Deutschland.
Grevenbroich. Wenn man Charlotte Häke in Rage bringen will, muss man sie nur auf das Thema Behindertenparkplätze ansprechen. Seit 2006 ist die 51-Jährige Behindertenbeauftragte der Stadt Grevenbroich. "Behindertenparkplätze sind kein Vorteil für uns, sondern der Versuch, den Nachteil derjenigen auszugleichen, die unter einer schweren Gehbehinderung leiden", sagt sie.
"Als Behinderte haben wir das Recht, diese dort zu unrecht stehenden Wagen abschleppen zu lassen. Selbst, wenn wir den Parkplatz nicht brauchen." Bisher habe sie davon abgeraten, denn mit Konfrontation erreiche man kein Verständnis. "Aber irgendwann reicht’s", sagt sie. "Wir werden oft zusätzlich behindert."
Es sind ungewöhnlich deutliche Worte für Häke, die als junge Frau ihr Jurastudium "aus behinderungsbedingten Gründen", wie sie sagt, nicht beenden konnte.
Ihre Art ist es, zu moderieren und behutsam zu agieren. Laute Worte sind nicht ihre Sache. Das Engagement für behinderte Menschen ist aus der Biographie der 51-Jährigen nicht wegzudenken. Schon als Studentin setzte sich Häke für deren Belange ein.
Seit 1982, seit ihrem 25.Lebensjahr, ist sie schwerbehindert. "Mit meinem Handicap habe leider genügend, nicht immer positive Erfahrungen gemacht. Ich bin somit also leidens-erprobt", sagt sie.
Seit der Einführung des Gleichstellungsgesetzes 1990 habe das Verständnis für Menschen mit Behinderung allmählich zugenommen. "Dennoch kann nur im täglichen Erleben und im Umgang mit Behinderten wirkliche Sensibilität für unsere Problematik und Sorgen erreicht werden", sagt sie.
Eine Aussage, die typisch ist für Charlotte Häke: unverblümt, direkten und offen. Sie sagt, was sie denkt. Gerade das hat sie weit über die Grenzen des Rhein-Kreises hinaus als Ratgeberin in Behindertenfragen bekannt gemacht.
"Es stimmt, dass ich aus der ganzen Bundesrepublik Anfragen bekomme", sagt sie. Die Sorgen, mit denen Menschen zu ihr kommen, sind oft sehr persönlich.
Etwa wie man das Leben mit einem Menschen gestalten kann, der durch eine Krankheit schwerbehindert geworden ist. "Gerade hat mich auch ein junger Mann gefragt, ob er seine Behinde- rung beim neuen Arbeitgeber angeben soll", erzählt sie mit sachlicher Stimme.
Auf solche Fragen seien Antworten ganz schwierig. "Denn viele Unternehmen scheuen sich davor, Behinderte einzustellen, weil sie Sorge vor den Pflichten haben."
Dennoch: Die Sensibilität in der Bevölkerung sei gewachsen. Wenn heute ein öffentliches Gebäude gebaut werden soll, bespricht die Stadt die Pläne mit Häke.
Aus ihrem privaten Umfeld hört sie oft, dass sie immer und überall als Behindertenbeauftragte unterwegs sei: im Urlaub, beim Sport, im Kino. Für behinderte Menschen mitzudenken kann Häke nicht abstellen. Doch die Grevenbroicherin muss viel Energie investieren, zumal sie das Amt der Behindertenbeauftragten ehrenamtlich ausübt.
"Ich möchte einfach, dass jeder weiß, dass Gleichstellung von Behinderten allen nutzt und keinem schadet. Wer behinderte Kinder hat oder durch einen Unfall verletzt ist, wird das bestätigen, sagt Charlotte Häke.