Bombe im Barbaraviertel entschärft
Rund 1500 Anwohner mussten am Abend evakuiert werden. Der Bahnverkehr lag zeitweise lahm.
Neuss. Für Peter van Eck war es ein Heimspiel. „In St. Barbara bin ich getauft worden und habe lange in dem Viertel hier gelebt“, erzählt der 62-jährige Sprengmeister. Gestern Abend musste er eine fünf Zentner schwere amerikanische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärfen, die bei Bauarbeiten auf der Dyckhofstraße im Barbaraviertel gefunden worden war.
„Die Entschärfung hatte sich etwas schwieriger gestaltet, weil die Bombe ein Stück unter einer Mauer lag“, berichtet der Kaarster. „Wir wussten zuerst nicht, ob wir die Mauer wegnehmen mussten, um an den Zünder zu kommen.“ Das war dann aber doch nicht nötig. Ein Foto half, den Aufschlagzünder als solchen zu identifizieren. Das Unschädlichmachen gelang ohne weitere Komplikationen.
Problematischer gestaltete sich dagegen die vorherige Evakuierung. Offensichtlich hatten nicht alle Bewohner, die ihre Häuser verlassen mussten, die Lautsprecherdurchsagen verstanden. Immer wieder trafen die Ordnungskräfte noch Personen in dem zu räumenden Gebiet an. Hinzu kamen zahlreiche Anwohner, die bettlägerig waren und von Hilfsdiensten in eine Notunterkunft gebracht werden mussten.
„Das läuft hier alles etwas planlos“, befanden aber auch Ursula Kahlen (50) und ihre Mutter Helga Kahlen (70). Zwar seien sie vom Ordnungsamt informiert worden. „Aber wohin wir nun gehen sollen, wissen wir nicht. Wir fahren deshalb jetzt mit dem Taxi in die Stadt Kaffee trinken.“ Auch Rufino Castro (56) wusste nicht so recht, wo er hin soll. „Das Ordnungsamt hat gesagt, dass wir die Häuser verlassen müssen. Also gehe ich jetzt in die Stadt, auch wenn ich gar nichts einkaufen muss.“ Er blickte nachdenklich auf seine Wohnung. „Ich hoffe, es geht alles gut. Man weiß ja nie, wie man in Viersen gesehen hat, wo eine Bombe hochgegangen war.“
Das war gestern in Neuss aber nicht der Fall. Gegen 19 Uhr konnte die Entschärfung beginnen. Um 19.30 Uhr gab es Entwarnung, die Experten vom Kampfmittelräumdienst hatten die Bombe erfolgreich entschärft.
Direkt betroffen von der Entschärfung waren laut Stadt rund 1500 Anwohner und zahlreiche Betriebe, das Theater am Schlachthof sowie der Hafen. Die Polizei hatte gemeinsam mit dem Ordnungsamt und dem Amt für Verkehrsangelegenheiten um 17.30 Uhr viele Zufahrten gesperrt. Etwa 1100 Anwohner, die in einem engeren Gefahrenbereich von rund 250 Metern um die Fundstelle wohnen, wurden mit Flugblättern informiert, dass sie ihre Wohnungen und Gebäude komplett räumen müssen. Rund 400 weitere Personen im erweiterten Gefahrenbereich wurden aufgefordert, sich „luftschutzmäßig“ zu verhalten. Das heißt insbesondere sich auf der abgewandten Gebäudeseite und nicht im Dachgeschoss oder im Freien aufzuhalten.
Die Bombenentschärfung hatte auch Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr. Ab 17.30 Uhr fuhren die Buslinien 830 und 864 nicht mehr. Alle Zug- und S-Bahn-Verbindungen zwischen Neuss und Krefeld sowie zwischen Neuss und Düsseldorf waren ebenfalls betroffen.