Dank dem „Lukas“ kann Ebrima (4) wieder essen
Neuss. Es dauert nicht lange, da ist die anfängliche Unsicherheit wie weggeblasen. Zielsicher geht Ebrima durch die Flure, rechts herum, links herum und schon ist der Vierjährige da, wo er hin will — im Spielzimmer.
In der Kinderklinik des Lukaskrankenhauses kennt er sich aus, denn dort hat der kleine Gambier schon mehrere Wochen verbracht.
Eine nicht immer angenehme Zeit für den jetzt Vierjährigen, der seit Mai im Oberhausener Friedensdorf lebt. Ebrimas Speiseröhre war, nachdem er eine Lauge getrunken hatte, so schwer verletzt, dass er nicht mehr essen konnte. „Keine seltene Verletzung für Kinder seines Heimatlandes“, weiß Professor Guido Engelmann, Leiter der Kinderklinik am „Lukas“. Denn ätzende Flüssigkeiten stünden dort neben Getränkeflaschen, zum Teil auch in diesen abgefüllt.
So war es auch bei Ebrima. Er nahm einen kräftigen Schluck Lauge, wunderte sich über den komischen Geschmack, schluckte das Zeug aber runter. „Bei Säure ist das anders. Die würde man sofort ausspucken“, sagt Engelmann.
Die Verletzungen der Speiseröhre machten sich erst bemerkbar, als Ebrima nichts mehr essen konnte. Mittlerweile ist seine Speiseröhre im „Lukas“ bereits sechs bis sieben Mal geweitet worden, so dass er schon einige Aufenthalte in der Klinik hatte und das Personal wie zum Beispiel Erzieherin Elke gut kennt. Engelmann ist zufrieden. Dass es seinem speziellen Schützling ganz gut geht, erkennt er auch daran, dass er zugenommen hat. „Seitdem er hier ist gut sechs Kilogramm“, sagt Marina Demirciyan, Ebrimas Betreuerin aus dem Friedensdorf. „Wenn das so weiter geht, kann er bald nach Hause“, sagt Engelmann. Bald, das ist aber frühestens im Mai. „Wir haben zwei Termine im Jahr, an denen wir reisen“, sagt die Betreuerin. Und noch soll Ebrima beobachtet werden und sicher sein, dass er es mit der letzten Speiseröhren-Dehnung geschafft hat. Wenn nicht, müsste er operiert werden — und würde seine Familie wohl nicht im Mai wiedersehen.
Gut 200 Kinder aus neun Ländern leben im Friedensdorf, das mit 300 Kliniken bundesweit kooperiert und in diesem Jahr 50 Jahre alt geworden ist. Darunter auch das „Lukas“, in dem in den vergangenen knapp 20 Jahren 48 Kinder mit schwersten Verletzungen aus Kriegs- und Krisengebieten kostenlos behandelt wurden.