Das Unentschieden hilft nicht

Nach dem 23:23-Unentschieden gegen Rostock hat für Bayer Dormagen die Planung für die Dritte Liga begonnen.

Foto: H. J. Zaunbrecher

Dormagen. Der TSV Bayer Dormagen ist Tabellenletzter der Zweiten Handball-Bundesliga — und tritt er weiter so auf der Stelle wie mit dem 23:23 (Halbzeit 9:12) gegen den HC Empor Rostock, dem zweiten Unentschieden in Folge gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf, wird es ihm schwer fallen, von dieser Position noch einmal weg zu kommen. Der TSV Bayer Dormagen ist Tabellenletzter der Zweiten Liga — und trotzdem nach wie vor eine sehr gute Adresse im deutschen Handball.

Björn Barthel macht das an der Zahl der Bewerbungen fest, die bei ihm für die Nachfolge des vor zweieinhalb Wochen von seinem Traineramt zurückgetretenen Jörg Bohrmann eingegangen sind. „Ich war total überrascht, mit so vielen und mit solcher Qualität hatte ich kaum gerechnet“, sagt der Dormagener Handball-Geschäftsführer. Ein Quartett mit gleich guten Aussichten auf den Job ist übrig geblieben. Zwei von ihnen, Christoph Jauernik (32), in Eisenach Co-Trainer unter Velimir Petkovic und für die Reserve und die Bundesliga-A-Jugend zuständig gewesen, und der Ex-Dormagener Alexander Koke (36), promovierter Sportwissenschaftler und beim Liga-Konkurrenten TuS Ferndorf als „spielender Co-Trainer“ unter Vertrag, saßen am Gründonnerstag auf der Tribüne. Allen ist klar, dass sie sich eher auf einen Neuaufbau in der Dritten Liga als auf einen erneuten Existenzkampf in Liga zwei einlassen. „Natürlich geben wir nicht auf“, sagt Björn Barthel, „aber wir sind Realisten. Deshalb planen wir zweigleisig.“ Das, fügt der Geschäftsführer an, „machen wir aber schon seit drei Jahren so.“ Das Gerüst der Mannschaft stünde dank der guten Nachwuchsarbeit — der A-Jugend fehlt noch ein Sieg, um als Gruppenerster ins Viertelfinale der Deutschen Meisterschaften einzuziehen — auch im Falle eines Abstiegs.

Dass der Klub dann allerdings sein „Alleinstellungsmerkmal“ als einziger linksrheinischer Bundesligist einbüßen würde, ist allen Beteiligten ebenso bewusst. „Deshalb arbeiten und kämpfen wir ja weiter“, sagt Interimstrainer Tobias Plaz. Der Linkshänder ohne Trainerschein, eigentlich fürs Marketing zuständig, macht einen Riesenjob. Ihm ist es im Verbund mit dem neuen Sportlichen Leiter Erik Wudtke gelungen, die Spieler aus ihrer Lethargie aufzuwecken. Was dem Duo noch nicht gelungen ist, ist, die immense Zahl haarsträubender Fehler abzustellen. Auch Gästetrainer Aaron Ziercke sah die Tatsache, dass seine Schützlinge bis zum 20:19 (53.) ständig in Führung lagen, vor allem der Tatsache geschuldet, „dass wir von den insgesamt vielen Fehlern ein paar weniger gemacht haben.“

Im ersten Durchgang fiel den Dormagenern das Spielgerät reihenweise selbst aus der Hand, was Rostock prompt zu Gegenstoßtoren nutzte. Das besserte sich nach der Pause, doch nun zimmerten die Hausherren das Leder bevorzugt bei eigenen Gegenstößen an Pfosten, Latte oder über das Gehäuse. Rühmliche Ausnahme: Der eigentlich als „Abwehrjoker“ eingekaufte Björn Marquardt, der mit drei Toren aus drei Versuchen zwischen der 49. und 55. Minute die Partie fast im Alleingang drehte. Doch dann war es wieder fehlende Cleverness, die den vermeintlichen Befreiungsschlag zum halbherzigen Punktgewinn werden lässt: Küblers Pass auf Noll geht ins Aus, Pechstein nutzt das „Geschenk“ zum erneuten Ausgleich (22:22, 59.). Sergio Muggli tankt sich wenigstens einmal gegen die offensive und aggressive Rostocker Deckung durch und trifft zum 23:22 — da sind noch 46 Sekunden zu spielen. Rostock reizt seine Chance lange aus, spielt dann Linksaußen Vyron Papadopoulos geschickt frei. Doch als der Grieche zehn Sekunden vor dem Abpfiff zum Endstand trifft, jubeln nicht mal die Gäste, auch wenn Aaron Ziercke hinterher feststellt: „Der Punkt nützt uns mehr als euch“ — womit er zweifelsohne Recht hat.