Debatte um Frühchen-Versorgung

Das Land NRW stellt die gegenwärtige Zahl von Perinatalzentren zur Diskussion — auch im Lukaskrankenhaus.

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Neuss. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat das Lukaskrankenhaus aufgefordert, auf seiner Internetseite keinen Hinweis auf sein Perinatalzentrum mehr zu veröffentlichen. Damit ist das Land erkennbar bemüht, im Sinne der Bürger für Klarheit bei der Versorgung von Risikoschwangeren, Frühgeborenen und durch Krankheiten gefährdete Neugeborene zu sorgen. Die Klinik folgt dieser dringenden Bitte. „Wir wollen keinen Fehler machen“, gibt Chefarzt Professor Guido Engelmann zu. Denn es geht um etwas.

Guido Engelmann, Chefarzt

Mit dem 2013 in Kraft gesetzten Krankenhausplan wurde das Ziel formuliert, die Versorgung von Neugeborenen künftig in einem Zwei-Säulen-Modell abzubilden. Neben der geburtshilflichen Grundversorgung soll es nur noch Perinatalzentren als Orte geben, in denen eine Maximalversorgung von Risikofällen sichergestellt ist. Die aktuell noch bestehenden geburtshilflich-neonatologische Schwerpunkt-Häuser, zu denen laut Krankenhausplan auch das „Lukas“ als eines von 26 Häusern in NRW gehört, soll es nicht mehr geben. Echte Perinatalzentren gibt es derzeit 16.

Die Frage ist: Wer bleibt am Ende übrig — und als was? Denn mit dem Krankenhausplan wurde die Forderung verbunden, die Versorgung von Risikoschwangeren mit deutlich weniger als diesen aktuell 42 Einrichtungen sicher zu stellen. Um diesen Punkt war es lange still. So lange, dass Engelmann schon fast überzeugt war, dass das Ganze versandet: „Es braucht uns halt.“ Doch ein aktuelles Schreiben der Bezirksregierung macht deutlich, dass nun die Festlegung der Perinatalstandorte im Regierungsbezirk Düsseldorf angegangen wird. Das „Lukas“ ist mit dabei und nun aufgefordert, aktuelle Daten zu einer schon 2012 gemachten Erhebung zu liefern. „Es gibt noch keine Entscheidung in der Sache“, betont Christoph Meinerz, Sprecher des Landes-Gesundheitsministeriums.

Doch die Glocke ist geschlagen. „Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Kinder die bestmögliche Versorgung erhalten“, betont der CDU-Landtagskandidat Jörg Geerlings, der im Rahmen seiner „Zuhörtour“ durch die sozialen Einrichtungen die Kinderklinik besuchte, um sich ins Thema bringen zu lassen. Er unterstütze den Kampf der Klinik um den Erhalt seines Status als Perinatalzentrum, sagte Geerlings, den Neusser Bundestagsabgeordneten und Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe einbinden möchte.

Im Lukaskrankenhaus glaubt man nicht, „dass uns etwas weggenommen wird“, sagt Engelmann. Denn das Haus sei das einzige Sicherheitsnetz in der Frühgeborenenversorgung für alle vier Krankenhäuser im Kreis und garantiere den schwangeren Frauen die Sicherheit, „die für eine westliche Industrienation Standard sein sollten“. Und das behauptet er nicht nur, das hat das „Lukas“ auch gerade erst von der Ärztekammer Nordrhein freiwillig überprüfen lassen. Die bestätigte gerade erst, dass die Neusser Klinik alle Anforderungen erfüllt, um Frühgeborene auf dem Standard versorgen kann, den der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) definiert hat. Für dieses Gremium ist das „Lukas“ ein Perinatalzentrum auf höchstem Level — laut Krankenhausplan ist es das aber nicht. Diese unterschiedlichen Vorhaben — das Land übernimmt in der Krankenhausplanung auch nicht die leistungsrechtlichen Vorgaben des G-BA — würden seine Arbeit erschweren, klagt Engelmann. „Wir sind eine Einrichtung, die sichere Rahmenbedingungen benötigt.“

Und das aus mehreren Gründen. Erstens ist die Versorgung von „Frühchen“, die vor der 30 Schwangerschaftswoche geboren werden und unter 1500 Gramm wiegen, einen enormen medizinischen und pflegerischen Aufwand. Zweitens sticht der Begriff „Perinatalzentrum“ beim Ringen um die esten Nachwuchskräfte als Trumpf jede „normale“ Kinderklinik aus. Drittens hängen an einem Perinatalzentrum die Betreuung der Risikoschwangeren und die Frühförderung im Zentrum für Neuropädiatrie. Engelmann: „Ich frage mich, wie das Land diese Strukturen ortsnah erhalten will.“