Der gespaltene Wahlkreis geht zur Urne

Der Wahlkreis 110 hat eine sehr gemischte Wählerschaft. Es gehören Kaarst, Meerbusch, Jüchen, Korschenbroich und Teile von Krefeld dazu. Gute Aussichten für den Bundestag haben die Kandidaten von CDU, FDP und SPD.

Rhein-Kreis. Der Wahlkreis 110 ist so heterogen, wie ein Wahlkreis nur sein kann. Umso schwerer haben es die Kandidaten, Themen zu finden, die alle ansprechen. Völlig unterschiedlich sind die Interessenlagen der Bewohner von Meerbusch etwa mit denen aus der Gemeinde Jüchen. Oder gar Krefeld, die ehemals wohlhabende Seidenstadt: Da ließe sich mit Jüchen höchstens noch das Wort „Strukturwandel“ verbinden, wenn es da auch um die Kohle und in Krefeld um die Tuchindustrie geht. Auch Kaarst und Korschenbroich bringen keine wirklichen Gemeinsamkeiten ein.

Trotz dieser heterogenen Wählerschaft wäre es ausgesprochen verwunderlich, wenn Amtsinhaber Ansgar Heveling nicht auch zum dritten Mal für die CDU aus seinem Wahlkreis nach Berlin geschickt würde. Er hat den Standortvorteil mit einer ländlich-konservativen Wählerschaft von 119 000 Bürgern im Rhein-Kreis gegenüber 82 000 Wählern aus dem urbaneren Krefeld-Süd. Und Heveling zeigt Präsenz, wo er seine Kernwählerschaft hat. Er lässt sich auch bei kleinen Ereignissen sehen. Er nutzt aber seine Vernetzung und Bodenständigkeit zum Beispiel dafür, sich für einen Zuschuss für Schloss Dyck in Berlin stark zu machen, oder die Anerkennung des Schützenwesens als Weltkulturerbe mit durchzusetzen. Auch Peinlichkeiten lässt Heveling auf Facebook nicht aus, etwa die Schlagzeile einer Boulevard-Zeitung: „Pausbäckchen-Ansgar hat sich im Internet verirrt.“ Diese Schlagzeile hat er aber ebenso „unverletzt“ überstanden, wie den misslungenen Angriff der Krefelder CDU-Rebellen, die ihn mit einer Toilettensaugglocke in der Hand und dem Text „Wählt mich, ich kann sonst nichts“ karikiert hatten. Heveling, der Wolfgang Bosbach als Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag beerbt hat, reagiert auf solche Situationen nicht wie der bergische Bosbach mit klarer Kante. Er bleibt „der Nette vom Niederrhein“.

Doch auch die SPD-Kandidatin Nicole Specker hat mit ihrem Listenplatz Nr. 28 keine schlechten Chancen, in den Bundestag zu kommen. Specker bezeichnet sich als „Mädchen aus Imrath“, die, als die SPD sie zur Bundestagskandidatin kürte, noch als Karnevalsprinzessin in Uerdingen regierte. Die engagierte Gewerkschafterin bringt jetzt im Hautürwahlkampf ihren Slogan „Mitten im Leben“ unter die Leute.

Die FDP geht mit einem bekannten Gesicht ins Rennen: Otto Fricke. Der Rechtsanwalt aus Krefeld kennt den Berliner Betrieb. Bis zum Scheitern seiner Partei an der Fünf-Prozent-Hürde im Jahr 2013 war er einer von vier Parlamentarischen Geschäftsführern der FDP-Bundestagsfraktion. Er war Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Bundestages und hat auch heute noch mehr als einen Koffer in Berlin — Fricke arbeitet als Unternehmensberater in der Bundeshauptstadt. Doch Fricke kann auch Rheinland. Beim Protest gegen den Konverter in Osterath forderte er die Demonstranten auf, die Politiker im Regionalrat anzumailen. Und in Krefeld gab es nicht wenige, die sich Fricke als Oberbürgermeisterkandidaten hätten vorstellen können. Doch der Jurist will nach Berlin, und seine Chancen stehen nicht schlecht.