Die Gastronomie-Szene wandelt sich
Während in Dormagen immer mehr klassische Kneipen schließen, kommen innovative Ideen bei den Gästen offensichtlich gut an.
Dormagen. Sandra Fracasso ist „hygge“. Sechs Tage die Woche immer von 9 bis 17.30 Uhr. Einen Arzt braucht die 36-Jährige mit den strahlenden braunen Augen deshalb keineswegs. Denn die dänische Bewegung namens „hygge“ steht für Wohlbefinden und genießende Gemütlichkeit. Sandra Fracasso liebt dieses Lebensgefühl und hat deshalb in Hackenbroich einen Ort geschaffen, an dem es sich entfalten kann. Allein mit der Idee, „es muss sich so anfühlen, als säße man bei Oma am Küchentisch“, stieg die Veranstaltungskauffrau im Februar in die Gastronomie ein. Ihr nordisch-nettes, wunderbar heimeliges „Café Hygge“ ist ein Anzugspunkt geworden im Ladenzentrum an der Moselstraße.
Sandra Fracasso, die das „Café Hyyge“ alleine führt
Der Standort, einigermaßen verwaist und trostlos, schreckte sie nicht ab, sagt Fracasso. „Vielleicht bin ich ein bisschen arg euphorisch und verrückt, aber ich dachte mir: Einer muss den Anfang machen, los geht’s!“
Unternehmergeist und voller Einsatz — die junge Frau schmeißt den Laden allein, backt, putzt, kauft ein, dekoriert und führt die Bücher — zahlten sich aus. Als „tollen Ort, an den ich immer wieder zurückkomme“, lobt ein Gast das Café mit der perfekt unperfekten Mischung aus hellem Holz, Gelsenkirchener Barock und Ohrensessel. Neben Frühstück, Kaffee und Kuchen gehören Kleinkunst und Konzerte zum Programm. Einmal im Monat baut Fracasso eine lange Tafel auf und bittet zu Tisch mit traditioneller warmer Küche. Für zehn Euro kann jeder mitessen, wenn es am 18. Januar Grünkohl gibt.
Innovative Gastro-Konzepte werden angenommen, so scheint es, während das klassische Kneipen-Modell einen Niedergang erlebt. Vor wenigen Wochen machte der „Römerkrug“ in der City dicht, mit dem „Haus Gladbach“ schloss in Delhoven die letzte Kneipe im Ort. Für Zons sind die Gastro-Betriebe „Zum Feldtor“ und „Stern“ verloren.
Dafür sprießen sehr erfolgreich neue Geschäftsideen abseits der Theken-Wirtschaft. Ein weiteres Beispiel dafür steht wiederum in Hackenbroich. Dort führt Servet Baklaci seit Oktober 2016 das Restaurant „Harbi“, in dem Gerichte aus dem südlichsten Teil der Türkei serviert werden. „Die Region hat früher einmal zu Syrien gehört, deshalb hat die Küche auch arabische Einflüsse“, beschreibt der 22-Jährige die Besonderheiten der Speisekarte.
Sein Vater betreibt den türkischen Supermarkt an der Sinnersdorfer Straße. Das hell eingerichtete, modern-orientalische „Harbi“ liegt schräg gegenüber. An den Weihnachtsfeiertagen war das „Harbi“ ausgebucht, auch sonst ist eine Reservierung angeraten, die Fisch- und Fleischspezialitäten vom Grill sind eine echte Empfehlung. „Anders als im Schnell-Restaurant geht es bei uns nicht ausschließlich ums Essen, sondern darum, einen schönen Abend zu verbringen“, sagt Baklaci.
Das „Big Hug Barbecue“ an der B 9 in St. Peter bietet seit knapp einem Jahr moderne amerikanische Küche mit Pulled Pork und Smoked Turkey Ham, über Eichenholz geröstet, an. Zurzeit hat es allerdings bis zum 24. Januar Betriebsferien.