Diebes-Quartett sprengt Geldautomaten an Tankstelle
Die Täter flüchten mit Geldkassetten — die Höhe der Beute ist bislang unklar.
Nordstadt. Es ging ganz schnell. „Ich hörte kurz nach halb fünf einen lauten Knall und bin aus dem Bett ans Fenster gesprungen, weil ich dachte, ein Blitz wäre ganz nah eingeschlagen“, erzählt ein 69-jähriger Anwohner der Düsseldorfer Straße. „Unten rief ein Mann ,Los, los, los!’ mit osteuropäischem Akzent. Dann sah ich, wie ein oder zwei andere Männer etwas in den Kofferraum eines dunklen 7er-BMW warfen und alle zu einem weiteren Mann in den Wagen sprangen, der sofort mit röhrendem Auspuff Richtung Düsseldorf wegfuhr. Die Polizei kam fünf bis sieben Minuten später.“ Und fand ein zertrümmertes Geldautomaten-Häuschen der Sparkasse Neuss auf dem Gelände der Shell-Tankstelle im Barbaraviertel vor. Den Beamten zufolge hatten drei maskierte Täter den Geldautomaten aufgebrochen, während ein Komplize im Fluchtfahrzeug wartete.
Anwohner, der das Ausmaß der Schäden besichtigte
Die Männer leiteten Gas ein und brachten den Tresor und das umgebende Wellblechhäuschen zur Explosion — obwohl die nur wenige Meter daneben liegenden Zapfsäulen in Betrieb waren, denn die Tankstelle ist rund um die Uhr geöffnet. Verletzt wurde niemand. Zur Höhe der Beute machten die Ermittler keine Angaben. Kunden und Angestellte berichteten der Polizei später, das Auto habe ein Düsseldorfer Kennzeichen (D) gehabt und sei offenbar getunt gewesen. Einer der Täter soll eine schwarze Skimaske und eine dunkle Jacke mit großen Reflektoren getragen haben. Die Wucht der Explosion — die möglicherweise mit einem Fernzünder herbeigeführt wurde — zerstörte den Tresor, warf dessen rund 50 Kilo schwere Tür gegen die Wand des Häuschen, ließ sie bersten und gab Passanten gestern den Blick frei auf die leeren Fächer. „Da hätte ja leicht die ganze Tankstelle in die Luft fliegen können“, sagt ein Senior, der gleich gegenüber wohnt. Anwohnerin Elvy Schütt-Sahiti saß durch den Knall kerzengerade im Bett. „Ich dachte, das sei das Gewitter gewesen“, erzählt sie. „Danach gab es aber noch ein klatschendes Geräusch, als wäre etwas heruntergefallen. Mein Sohn hat geglaubt, jemand habe einen Böller gezündet.“
Auch Sparkassen-Sprecher Raimund Franzen ist erschüttert. „Man steht immer wieder fassungslos vor solch krimineller Energie, bei der anscheinend durchaus in Kauf genommen wird, dass Personen zu Schaden kommen könnten“, erklärt er. In Grevenbroich-Hemmerden hatten Diebe vor zwei Jahren offensichtlich zu viel Gas eingeleitet. Dort führte die Explosion in einer Selbstbedienungsfiliale der Sparkasse Neuss dazu, dass die gesamte Fensterfront herausgerissen und das Mehrfamilienhaus, in dem sich die Filiale befand, schwer beschädigt wurde. Herumfliegende Trümmerteile hinterließen zudem Schäden an etlichen geparkten Autos. Es dauerte mehrere Wochen, bis die Filiale wieder betriebsbereit war. 2010 hatten es Täter auf die Spakassenfiliale an der Hammer Landstraße sowie gleich zweimal in einem Monat auf einen Geldautomaten der Volks- und Raiffeisenbank (VR Bank) in Holzheim an der Martinstraße abgesehen. Die Shell-Tankstelle an der Düsseldorfer Straße konnte gestern ihren Betrieb fortsetzen. Wann dort wieder ein Geldautomat zur Verfügung steht, weiß die Sparkasse noch nicht.