Ein Meister japanischer Tattoo-Kunst

In Thailand erlernte Felix Albrecht neue Tattootechniken. Sein Studio in der Nordstadt machte das bundesweit bekannt.

Foto: Woi

Nordstadt. Nicht weit vom Hauptbahnhof, die Further Straße hoch hinterm Kreisverkehr, liegt das Tattoostudio Edo. Nebenan der arabische Supermarkt, gegenüber der Gebrauchtwarenladen — wer hätte gedacht, dass inzwischen aus ganz Deutschland Menschen hierhin in die Nordstadt kommen. Sie wollen ein Tattoo gestochen bekommen von Inhaber Felix Albrecht oder seinem Team. Innerhalb von sechs Jahren hat sich das Studio zu einem der bekanntesten in Nordrhein-Westfalen gemausert. Im Eingangsbereich des Studios hängen die Trophäen wichtiger internationaler Wettbewerbe an den Wänden. Auf Facebook gefällt „Edo Tattoo Studio“ bald 56 000 Menschen.

Die Grundlage für den Erfolg des Studios hat der Inhaber in Thailand gelegt. Weil Tätowierer kein Ausbildungsberuf ist, lernt jeder, der ein Studio aufmachen möchte, das Handwerk bei anderen Tätowierern. Zweieinhalb Jahre hat Albrecht deshalb in Thailand verbracht und in einem Tattoostudio gelernt, nachdem er Grafik und Design studiert hatte.

Felix Albrecht, Tätowierer

Schon in Thailand lernte er die Grundlagen für die japanische Tattookunst, wegen der er heute bereits ein halbes Jahr im Voraus ausgebucht ist. Dabei spielen Motive aus der japanischen Mythologie und aus Legenden eine Rolle, meist Drachen, Phönixe oder Koi-Karpfen. Hinzu kommen Symbole aus der Natur — jedes hat eine Bedeutung. „Wellen symbolisieren zum Beispiel das Auf und Ab im Leben und Kirschblüten bedeuten Schönheit und Vergänglichkeit“, erklärt Albrecht, der sein Wissen stets auch mit englischsprachiger Fachliteratur und Besuchen bei Tätowier-Größen in Japan immer auf dem neusten Stand hält.

„Die japanischen Tattoos haben eine sehr eigene Ästhetik, an die sich das europäische Auge gewöhnen muss“, sagt Albrecht. Deshalb kamen über die Jahre weitere Motive und Stilrichtungen im Edo Tattoostudio hinzu. Heute sind drei Tätowierer fest bei Albrecht angestellt, hinzu kommen fünf Gasttätowierer, die mehr oder wenig regelmäßig im Studio arbeiten. Auch wegen ihnen kommen einzelne Kunden laut Albrecht inzwischen sogar aus Österreich und der Schweiz in die Nordstadt. Anderen Studios erging es derweil nicht so gut. „Seit wir in Neuss sind, haben vier andere Tattoostudios hier zugemacht“, sagt Albrecht.

Immer wieder kommen Kunden und wollen alte Tattoos mit neuen Motiven überdeckt haben. Denn die Trends für die Kunst auf der Haut verändern sich. Längst wieder out ist zum Beispiel das Unendlichkeitszeichen, das einer liegenden Acht ähnelt, und das das Team an der Further Straße „gefühlt tausend Mal“ gestochen hat. Angesagt sind hingegen auch im neuen Jahr Watercolor-Tattoos, die aussehen, als hätte man mit Wasserfarbe und Pinsel auf die Haut gemalt.

Pläne für das neue Jahr hat Tätowierer Albrecht reichlich. Im Februar wird er seine thailändische Freundin heiraten. Und später im Jahr soll sein zweites Studio eröffnet werden — allerdings im thailändischen Chiang Mai.

Statt deutschen Tätowierern werden dort dann thailändische Mönche an den Nadeln stehen und traditionelle Tattoos auf die Haut der Touristen bringen — mit deutschen Hygienestandards. Denn auch im Urlaub lassen sich viele Europäer Tattoos stechen, weiß Albrecht. „Es liegt tief im Menschen verwurzelt, dass man sich schmücken möchte“, sagt der Tätowierer.