Eltern finden keinen Pflegedienst

Die kleine Familie Ley braucht für den ein Jahr alten Xavier eine Hilfskraft. Die Suche danach war bislang vergeblich.

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Neuss. Er ist ein Sonnenschein — der fast 15 Monate alte Xavier Ley. Auf den ersten Blick wirkt er wie jedes andere Kleinkind. Doch der kleine Junge ist schwer krank und pflegebedürftig. Xavier kam im Dezember 2016 augenscheinlich gesund zur Welt, doch ein Gendefekt brach einen Monat später aus: Der Dünndarm hatte sich verdreht. Seine Organe hörten auf zu arbeiten, das Hirn wurde geschädigt, Notoperationen folgten. Nach drei Monaten Intensivstation konnten Patricia und Christian Ley das Krankenhaus mit ihrem Sohn, der Pflegestufe 4 hat, verlassen. Seitdem suchen sie nach einem Pflegedienst.

„Wir fühlen uns komplett alleingelassen“, sagt Christian Ley. „Als wir das Krankenhaus verlassen haben, hatten wir schon die ersten 35 Absagen diverser Pflegedienste“, sagt er. Das ABC aller auf den Internetseiten des Kreises gelisteten Dienste habe er abtelefoniert: „Doch Intensiv-Pflegedienste haben uns wissen lassen, der Aufwand sei zu gering und nicht lukrativ genug. Normale ambulante Pflegedienste sagten uns, der Aufwand sei zu hoch und sie könnten dies nicht leisten.“ Andere hätten knapp per Mail geantwortet: „Leider können wir die Versorgung nicht übernehmen.“

Patricia Ley ist ratlos: „Wir haben Anspruch auf Pflegegeld und -sachleistungen, Behandlungspflege und normale Pflege, doch wir finden keine Helfer.“ Auch ihre Krankenkasse, die IKK Classic, könne nicht helfen. „Das ist kein Einzelfall“, sagt Sprecher Michael Lobscheid. „Es gibt einen Pflegenotstand. Hinzu kommt: Pflegedienste müssen Aufträge nicht annehmen.“ Die Kassen können keine Dienste verpflichten. Lobscheid verspricht: „Wir werden intern erneut alles versuchen, um die Familie zu unterstützen.“

Außer einer Pflegeberatung könne auch die Stadt Neuss nicht helfen, so Pressesprecher Peter Fischer. Dem Sozialamt seien zwei Pflegedienste bekannt, die sich auf die Pflege von Kindern spezialisiert haben. Es fehlten Fachkräfte wie Kinderkrankenschwestern, erklärt Fischer. Das sei aber ein generelles Pflege-Problem, kein Neusser Spezifikum.

Bislang kümmert sich das Paar allein um seinen Sohn — hin und wieder helfen ihre Mütter aus. Der Aufwand ist hoch: Noch im Klinikum Krefeld wurden sie geschult in der sterilen Versorgung ihres Kindes. Xavier muss rund um die Uhr einen Katheter in der Brust tragen, der ihm über einen langen dünnen Schlauch eine lebenswichtige Nährstofflösung liefert, die in einem kleinen Rucksack steckt, der Xavier stets begleiten muss. Zudem müssen ihm zehn kleine Mahlzeiten — auch nachts — zugefüttert werden. „Mein Akku ist mittlerweile komplett leer“, sagt Patricia Ley. Ab April möchte die Mutter wieder arbeiten. Einen Kita-Platz hat Xavier ab Mai bei der Lebenshilfe. Doch ein Integrationshelfer muss ihn ständig betreuen. Ley: „Wenn wir den nicht finden, kann er nicht in die Kita.“