Stadt stellt Energiebericht vor Ernüchternde Zahlen: Neuss verfehlt eigene Klimaziele

Neuss. · Die Stadt hat eine seit langem eingeforderte Energie- und CO2-Bilanz für die Jahre 2014 bis 2018 vorgelegt.

 Thermografie-Aufnahmen zeigen, wo Häuser Wärmeenergie verlieren. Fassadendämmung ist deshalb ein Ziel des Klimaschutzes.

Thermografie-Aufnahmen zeigen, wo Häuser Wärmeenergie verlieren. Fassadendämmung ist deshalb ein Ziel des Klimaschutzes.

Foto: Stadtwerke Neuss

Das Zahlenwerk ist riesig, doch die Kernbotschaft schnell auf einen einfachen Nenner gebracht: Die Stadt hat ihre selbst gesteckten Klimaschutzziele verfehlt. Die Emission des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) sank in den Jahren 2014 bis 2018 zwar um 58 175 Tonnen. Das entspricht bei einem aktuellen Gesamtausstoß von 1,64 Millionen Tonnen aber nur 3,4 Prozent – und liegt 45 Prozent unter dem angestrebten Limit. „Die Absenkkurve muss deutlich steiler werden“, sagt Umweltdezernent Matthias Welpmann, der jetzt eine von der Politik seit Jahren eingeforderte Energie- und CO2-Bilanz vorgelegt hat.

Diese Studie bewertet die Entwicklung der Jahre 2014 bis 2018. Sie umfasst eine Ausgangsbilanz, mit der die Entwicklungen – Erfolge wie Misserfolge – abgeglichen werden können. Als die Bilanz in Auftrag gegeben wurde war das Ziel, die Emissionen bis zum Jahr 2030 um 25 Prozent zu senken. Diese Vorgabe wurde im vergangenen Jahr noch enger gefasst: Jetzt soll Neuss bis zum Jahr 2035 klimaneutral sein. Das heißt in der Konsequenz, so Welpmann: Die pro Kopf und Jahr entstehende CO2-Belastung muss von derzeit 10 256 Tonnen auf eine Tonne gesenkt werden. Zum Vergleich: in den Jahren 2014 bis 2018 sank sie um 598 Tonnen (-5,5 Prozent). „So wird das nichts“, sagt Vincent Cziesla von der Linksfraktion, die das Ziel „Klimaneutralität“ im Rat durchsetzen konnte.

Die Energie- und CO2-Bilanz spielt auch im Kontext der Klimaschutzdebatte eine Rolle, die 2019 geführt wurde und in einem Eckpunktepapier für ein neues Klimaschutzkonzept mündete. Das will Bürgermeister Reiner Breuer im Juni vorstellen. Allerdings rang sich der Rat nicht dazu durch, auch gleich einen erklecklichen Beitrag in den Haushalt einzustellen, um unmittelbar Maßnahmen anstoßen zu können, die sich aus dem Gutachten ergeben. CDU und Grüne sträubten sich – für Cziesla der falsche Weg. Mit Blick auf die Bilanz müssten alle politischen Akteure, die sich noch weigern, über ihren Schatten springen, sagt er.  „Sonst stehen wir in wenigen Jahren vor dem Trümmerfeld einer Klimapolitik, die mit vielen Versprechungen begann und dann unaufholbare Rückstände produzierte.“ Eine erste Gelegenheit zur Kurskorrektur besteht am 3. Juni im Umweltausschuss, wenn mit der Klimabilanz auch das Klimaschutzkonzept vorliegt. Die Eckpunkte der Energiebilanz:

Energieverbrauch

Mit 7,707 MiIlionen Megawattstunden ist der Gesamtenergieverbrauch in Neuss im Vergleich zu 2014 noch einmal gestiegen. Gründe dafür sind auch ein Bevölkerungs- und ein Wirtschaftswachstum. Dass die CO2-Emission trotzdem leicht zurückging, ist auf Veränderungen bei den Energieträgern zurückzuführen.

Energiemix

93,8 Prozent der verbrauchten Menge stammt aus fossilen Energieträgern. Der Anteil der Erneuerbaren Energien stieg nur um ein Prozent. Durch ihre Verwendung wurden 104 009 Tonnen CO2 eingespart.

Emittenten

36,6 Prozent des CO2-Ausstosses wird durch die Industrie verursacht, gefolgt von Haushalten (23,4), Verkehr (23,3) und Gewerbe (15,5). Kommunale Liegenschaften, zu denen auch die Straßenbeleuchtung zählt, machen nur 1,1 Prozent
aus.

Verkehr

Der Verbrauch von Diesel und Benzin sank im Berichtszeitrum um 3,1 beziehungsweise 4,2 Prozent, allerdings nahm der Verkehr um 1,4 (Individualverkehr) beziehungsweise 5,5 Prozent (Güter) zu.